Brettspielmesse in Essen, neue Ideen überall – die “7 Bazis” zeigen, wie Alltagsbeobachtungen zu Spielen werden. “Bazi” Stefan Schröder gibt Tipps zu Kreativität und Teamwork.
Am Donnerstag beginnt die weltgrößte Brettspielmesse “Spiel” in Essen. Die “7 Bazis” stellen dann ihr neuestes Spiel “Watt geht ab?!” vor. Seit rund zehn Jahren erfinden die sieben Freunde aus Heidelberg und München zusammen Spiele. Kreativität und Teamarbeit – wie beides gelingt, verrät “Bazi” Stefan Schröder der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) im Interview.
Frage: Herr Schröder, wie kommen Sie auf Ideen für neue Spiele?
Antwort: Wenn ich mit offenen Augen durch die Gegend laufe. Dann sehe ich zum Beispiel den Klappmechanismus eines Mülleimers oder höre das Rauschen von Wellen oder ich achte auf das Wetter. In unserem Kinderspiel “Wolkenschiff” geht es zum Beispiel um eine Wolke. Durch Balancieren müssen Regentropfen durch ein Loch in der Mitte, um Blumen zu gießen. Das Spiel ist durch Beobachten entstanden.
Frage: Wie geht es nach der ersten Idee weiter?
Antwort: Dann geht es um die Frage der Umsetzung. Da bauen wir auf bereits bestehende Sachen auf. Jeder kennt zum Beispiel diese Kugellabyrinthe, die man in der Hand bewegt, um eine Kugel in die Mitte zu befördern. Für “Wolkenschiff” haben wir das für mehrere Spieler weitergesponnen. Durch Schnüre an den vier Ecken entsteht ein gemeinsames, wackeliges Erlebnis. Dieses Vermischen von Bekanntem und Beobachtetem ist unser Weg, um auf neue Ideen zu kommen.
Frage: Alltagsbeobachtungen macht vermutlich erst einmal nur einer in der Gruppe. Wie geht es dann im Team weiter?
Antwort: Ich bin hauptberuflich Ingenieur. Die erste Idee setze ich direkt in etwas Anfassbares um. Wenn wir einfach nur so über Ideen reden, gibt jeder seinen Senf dazu und wir kommen nicht zum Punkt. Besser ist, wenn wir zusammen etwas ausprobieren können. Dann sehen wir, was wir noch verbessern müssen. Beim ersten Prototyp von “Wolkenschiff” haben wir gemerkt, dass wir viel zu viel Material hatten. Das mussten wir anders machen. An solchen Fragen kann man im Team richtig gut herumdoktern.
Frage: Wie lange müssen Sie herumprobieren, bis ein fertiges Spiel herauskommt?
Antwort: Von der ersten Idee bis zur Vorstellung bei einem Spieleverlag dauert es schon mal sechs bis zwölf Monate. Deswegen entwickeln wir meist mehrere verschiedene Prototypen gleichzeitig. Dann dauert es nochmal ein bis drei Jahre, bis die fertigen Spiele in den Regalen stehen. Am Anfang ist von zehn Spielen, die wir entwickelt haben, vielleicht eines von einem Verlag herausgebracht worden. Unsere Quote ist mittlerweile besser. Trotzdem: Es gehört zum kreativen Prozess, dass auch mal was in die Hose geht. Ein wichtiger Punkt ist übrigens auch die Einschränkung.
Frage: Inwiefern?
Antwort: Wir müssen uns fragen: Was ist denn wirklich wichtig, um Spielspaß zu generieren? Wenn wir diesen Kern herausgearbeitet haben, merken wir oft, dass wir viel Material wieder weglassen können. Wenn man einfach immer nur Sachen hinzufügt, fühlt sich das Spiel am Ende an wie fünf andere Spiele. Aber wenn ich eine Kernmechanik neu entwickele und die ausreicht, um etwas Cooles daraus zu machen, bleibt das viel eher im Kopf. Dann hat man was Besonderes. Man muss so eine Idee schon drei- oder viermal ummodeln. Dafür braucht man auch Geduld.
Frage: Schränken Sie Vorgaben wie etwa Produktionskosten oder Trends in der Spielebranche in Ihrer Kreativität ein?
Antwort: Nein, eigentlich nicht. In Essen haben wir einen Termin mit einem Verlag, der viel mit Holz arbeitet und eine bestimmte Schachtelgröße hat. Dann muss ich das Material für mein Spiel eben auch so gestalten, das es passt. Das ist eine spannende Herausforderung. Unsere Quote ist auch deshalb besser geworden, weil wir jetzt gezielter vorgehen.
Frage: Haben Sie einen anderen Blick auf die Welt, seitdem Sie Spiele entwickeln?
Antwort: Ich würde schon sagen, dass ich mir fast jeden Tag gezielt etwas überlege. Kreativität kann man trainieren. Ich gehe mit offenen Augen durch die Welt mit dem Gedanken im Hinterkopf, dass ich was entwickeln will. Wenn ich einen ruhigen Moment habe – am Abend oder unter der Dusche – versuche ich, das zu kombinieren, was ich gesehen habe. Das ist ein gewollter Prozess, kein Zufall.