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Kopf hoch

Gedanken zum Predigttext am 7. Sonntag nach Trinitatis.Von Uwe Baumann, Lektor im Evangelischen Kirchenkreis Lichtenberg-Oberspree.

Predigttext für den 7. Sonntag nach Trinitatis: Apostelgeschichte 2,41–4741 Die nun sein Wort annahmen, ließen sich taufen; und an diesem Tage wurden hinzugefügt etwa dreitausend Menschen. 42 Sie blieben aber beständig in der Lehre der Apostel und in der Gemeinschaft und im Brot-brechen und im Gebet. 43 Es kam aber Furcht über alle Seelen und es geschahen auch viele Wunder und Zeichen durch die Apostel. 44 Alle aber, die gläubig geworden waren, waren beieinander und hatten alle Dinge gemeinsam. 45 Sie verkauften Güter und Habe und teilten sie aus unter alle, je nachdem es einer nötig hatte. 46 Und sie waren täglich einmütig beieinander im Tempel und brachen das Brot hier und dort in den Häusern, hielten die Mahlzeiten mit Freude und lauterem Herzen 47 und lobten Gott und fanden Wohlwollen beim ganzen Volk. Der Herr aber fügte täglich zur Gemeinde hinzu, die gerettet wurden.

VonUwe Baumann

„Es jedem recht getan, ist eine Kunst, die niemand kann“, sprach meine Großmutter früher immer, wenn es nach dem Gottesdienst Beschwerden gab. Und die gab es oft. Die Musik war zu laut oder zu leise, die Predigt zu lang oder zu kurz und freilich immer irgendwie knapp am Thema vorbei. Es gab regelmäßig ein dutzend Gründe für Unzufriedenheit und Meuterei, noch ehe man die Kirche verlassen hatte. Das läge daran, dass manche Leute nicht das Königreich Gottes lieb hätten, sondern nur ihre eigene Teppichkante, übersetzte die Großmutter und fügte hinzu: „Gib dich nicht mit solchen Leuten ab, die sind auch sonst nicht erbaulich.“ Sie sang noch ein paar Jahre im Chor und musste dann aus gesundheitlichen Gründen einpacken. Womit sie aber nie aufhörte war, von ihrer Dankbarkeit gegen-über Gott zu erzählen. Davon, was in ihrem Leben alles gelang, wie viele unverhoffte Wendungen wieder Licht in den Alltag brachten, neue Hoffnungen oder Auswege. Erzählte sie vom Krieg, dann meistens von den Begebenheiten, in denen sie ganz auf ihren Herrn vertraute. Das sagte sie tatsächlich ständig: „Der Herr war bei uns.“ Für Nörgelkram und Jammerei war in ihrem Leben kein Platz, bis zum Schluss nicht. Die Großmutter ging, solange ihre Beine trugen, in ihrer Straße von Tür zu Tür und lud zu den wöchentlichen Chorkonzerten ein. Mein Großvater fuhr dann mit der versammelten Nachbarschaft zur Kirche und anschließend wieder zurück. Auf diese Weise traf sich die halbe Wohngegend jeden Sonntag zum Gebet. Das war „Kirche von unten“. So würde man es jedenfalls aus heutiger Sicht formulieren. Die ersten Gemeinde in Christi wurde ganz gewiss „von unten“ entwickelt. Es gab keine Erfahrungswerte, keine Qualitätsmanagements für Gemeindeaufbau, nicht einmal geschickte und griffige Formulierungen, um die Leute „bei der Stange zu halten“. Die kleine Gemeinde wuchs, weil Gott täglich Frauen und Männer „hinzufügte“. Sie wurden getauft, oft in Hoffnungen und Bekenntnisse hinein, die nicht so gut ausformuliert und erforscht waren wie heute. Die erste Gemeinde Christi betrat Neuland und brauchte starke, unerschrockene „Bauleute“, die Orientierung gaben und Zusammenhalt schufen. Neben vielen äußeren Zeichen – von Wundern der Apostel ist immer mal wieder die Rede – half vor allem: innerer Frieden. Petrus jedenfalls verkündete: „Tut Buße, so werdet ihr empfangen die Gabe des Heiligen Geistes.“ Kann sein, dass diese ersten Gemeindegründungen gelegentlich verklärt werden. Ganz sicher hat es die Lagerfeueratmosphäre und die Romantik des gemeinsamen Brotbrechens gegeben und freilich war da Hoffnung auf ein Leben im Frieden Christi. Und doch brachte das neue Bekenntnis nicht nur Freude, sondern manchmal den Tod. Bis heute.

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