Aktuell gibt es 182000 Soldatinnen und Soldaten in der Bundeswehr. Das Ziel unseres Verteidigungsministers Boris Pistorius (SPD) ist es, diese Zahl auf bis zu 260000 hochzutreiben. Mit welchen Menschen kann diese Lücke am besten gefüllt werden? Natürlich mit den jungen Männern und Frauen dieses Landes. Diese Aufrüstung habe, laut Pistorius, nur den Grund, „Kriege zu verhindern“ und diene der Abschreckung. Die Frage, die sich mir hier aufdrängt, ist: Haben wir nicht bereits aus unzähligen Beispielen der Vergangenheit gelernt? Militärische Aggressionen mit Waffengewalt zu bekämpfen, führt doch nur zu mehr Eskalation.
Der wichtigste Aspekt einer möglichen Wehrpflicht und der damit einhergehenden Aufrüstung betrifft nicht die Waffen oder sonstiges Arsenal, das die Bundeswehr braucht. Nein. Es betrifft die Menschen, die diese Waffen bedienen sollen, seien es Drohnen, gesteuert aus einem Computerraum fernab von der Front, oder Gewehre, gerichtet auf die vermeintlichen „Feinde“, die uns unser Land suggeriert. Wir sollen diese Menschen sein. Wir, die unser ganzes Leben noch vor sich haben und plötzlich für das große Wort „Wir“ verantwortlich sein sollen. Entschieden wird das von mehrheitlich alten weißen Männern. Sie meinen, fordern zu können, dass die Jugend, die Zukunft ihrer Nation, im Fall der Fälle für das Vaterland sterben solle.
Junge Menschen ernst nehmen
Hier herrscht ein Generationenkonflikt, nicht nur auf politischer Ebene, sondern auch innerhalb der Bevölkerung. Eine aktuelle Umfrage des Markt- und Sozialforschungsunternehmens Ipsos zeigt: Ein großer Teil von denen, die höchstwahrscheinlich nicht mehr kämpfen müsste, spricht sich für eine Wehrpflicht aus. Sie wollen, dass junge Menschen im schlimmsten Fall töten. Was auffällt: Die, die es betrifft, werden kaum gefragt. Den Eindruck, die Politik tue zu wenig für junge Menschen, haben viele. Dies zeigt auch eine Umfrage, die ich in meinem privaten Umfeld durchgeführt habe. An dieser haben 20 Leute im Alter von 17 bis 29 Jahren teilgenommen. Auf die Frage, ob wir mehr Mitsprachemöglichkeiten bräuchten und ein besseres Forum, um gehört zu werden, ähnelten sich die Antworten.
Die Jugend hat, wenn Entscheidungen über sie getroffen wird, so gut wie kein Mitspracherecht. Viele junge Menschen, die die Volljährigkeit erreichen oder gerade erreicht haben, werden von einem Bundestag, den sie nicht einmal wählen konnten, dazu gezwungen, ab dem kommenden Jahr private Auskünfte in Form eines Fragebogens zu geben, um womöglich im nächsten Schritt zu einem Wehrdienst verpflichtet zu werden. Das fehlende Mitspracherecht und der Eindruck, es werde über unsere Köpfe hinweg entschieden, münden oft in das Gefühl politischer Machtlosigkeit, wie einige der Befragten sagen. Nach dem Motto: Es würde ja eh nichts bringen, dagegen zu protestieren. Die Politik macht am Ende, was sie will. Dies soll nicht den Eindruck erwecken, wir hätten keine Lust, uns zu engagieren beziehungsweise uns dagegen einzusetzen. Nur wird uns der Eindruck vermittelt, nicht an dieser, uns betreffenden Debatte teilnehmen zu können.
Zivildienst wird positiv bewertet
Mehr als die Hälfte der Teilnehmer an der Umfrage sagte, dass das Thema Wehrpflicht in letzter Zeit häufig, wenn nicht sogar ständig, diskutiert werde. 17 von den 20 Personen sprachen sich klar gegen eine Wehrpflicht aus, 3 dafür. Einen Zivildienst, wie es ihn in der Vergangenheit bereits gab, würde keiner der Befragten ablehnen, da man an sich bereit sei, sich in die Gesellschaft einzubringen.
Worum es vielen jungen Menschen abschließend geht: Sie wollen nicht zum Dienst an der Waffe gezwungen werden, nicht für Politiker in einen Krieg ziehen, der von Positionen und Interessen herbeigeführt wurde, die man selbst gar nicht vertritt. Anstatt auf Aufrüstung und Wehrpflicht zu setzen, braucht es eine diplomatische, friedliche Lösung, die, wie ich fest glaube, mit politischem Engagement erreicht werden kann. Ich kann und will niemals, aufgrund von Versäumnissen der Führungspersönlichkeiten Deutschlands, in den Krieg ziehen. Mein Glaube an Gott bestärkt mich in dem Denken, dass jeglicher Kampf mit Worten geführt werden sollte und nicht mit Waffen. Das ist nicht naiv. Außerdem heißt es nicht umsonst im Schwurtext, den der Bundeskanzler spricht: „So wahr mir Gott helfe“.
Gustav Hofmann ist 19 Jahre alt und studiert Jura an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder).
