Die pfälzische Kirchenpräsidentin Dorothee Wüst befürwortet die vorsichtige Nutzung von sozialen Medien durch die evangelische Kirche. Die Kirche als „eine Kommunikationsorganisation, die zu den Menschen hingeht, muss wissen, wo sie sind“, sagte Wüst am Mittwoch bei einer Diskussion zum Thema „Emotionen in der kirchlichen Kommunikation“ bei den 8. Südwestdeutschen Medientagen in Landau. Die Kirche müsse allerdings vor einer Nutzung digitale Plattformen genau prüfen: „Wir müssen es gut und verantwortlich machen“, sagte sie.
Bei dem Versuch, mit Menschen in Kontakt zu treten, dürfe die Kirche allerdings die Chancen sozialer Medien nicht überschätzen, warnte die Kirchenpräsidentin. Kirchenvertreter „lügen sich in die Tasche“, wenn sie glaubten, ein verstärktes digitales Engagement sei „die Rettung“ für ihre Probleme. Der Protestantismus spreche die Emotionen der Menschen auch „ganz analog“ an, etwa durch Gottesdienste, Gebete oder Taufen.
Die Kirche sollte nicht versuchen, „permanent Gefühlsgeschichten“ zu erzählen, sondern mit den Menschen sachlich kommunizieren, sagte die Kirchenpräsidentin. Wenn Christinnen und Christen authentisch über ihren Glauben sprächen, könnten auch Kirchendistanzierte oder Kirchenmitglieder, die auf dem Absprung sind, erreicht werden. Mediale Kritik an Fehlern oder Missständen in der Kirche sei legitim: „Ich stehe zu jeder negativen Schlagzeile, wenn wir als Kirche Mist bauen“, sagte Wüst. Aber Kritiker sollten nicht „Haare aus der Suppe suchen“, um die Kirche vorzuführen.
Die Sprecherin der rheinland-pfälzischen Landesregierung, Andrea Bähner, machte deutlich, dass die politische Kommunikation auf Emotionen und Fakten gleichermaßen setze. Aufgabe von Politikern sei es, Menschen die Regierungsarbeit zu erklären. Allerdings seien ihnen Grenzen gesetzt, die „Sehnsucht nach Emotionen“ – nach Interesse an ihrer Lebenssituation und Mitgefühl – in jedem Fall erfüllen zu können, sagte Bähner.
Frederik Merx, der landespolitische Korrespondent des Südwestrundfunks (SWR) in Rheinland-Pfalz, bemängelte, dass sich viele Politiker in für sie unangenehmen Situationen nicht oder sehr spät öffentlich äußerten. Dies sei besonders bei der Flutkatastrophe im Ahrtal deutlich geworden. Sie ließen damit die Menschen mit ihren Emotionen allein. Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) pflege etwa einen „relativ präsidentiellen Kommunikationsstil“, kritisierte Merx. Sie warte oft länger ab, bis sie kommuniziere.
Bei einer Podiumsdiskussion am Dienstagabend auf dem Hambacher Schloss bei Neustadt an der Weinstraße hatte sich Ministerpräsidentin Dreyer für eine stärkere Regulierung von sozialen Netzwerken wie TikTok ausgesprochen. Diese vor allem von jungen Menschen genutzten Plattformen müssten bei der Verbreitung von Inhalten die Menschenwürde achten.
Bei den Südwestdeutschen Medientagen im Landauer protestantischen Bildungszentrum Butenschoen-Haus diskutierten Journalisten, Politiker, Wissenschaftler sowie Kirchenvertreter zwei Tage lang darüber, ob die „Macht der Gefühle“ der Demokratie schadet, oder ob sie auch eine Ressource ist. Veranstalter war die Evangelische Akademie der Pfalz mit mehreren Kooperationspartnern.