Der evangelisch-lutherische Kirchenkreis Ronnenberg bei Hannover will zurückliegende Fälle sexualisierter Gewalt seit 1970 extern aufarbeiten lassen. Der Kirchenkreis ermutigt daher mögliche betroffene Personen, sich zu melden, wie eine Sprecherin am Montag mitteilte. Über die bekannten Fälle hinaus gebe es wahrscheinlich noch Fälle, von denen der Kirchenkreis nichts wisse. Ansprechpartner böten Unterstützung bei der persönlichen Aufarbeitung an, damit die Geschehnisse angemessen aufgeklärt werden könnten.
Betroffene sollen zudem Informationen und Angebote zu Unterstützungsleistungen erhalten. Angesprochen sind ausdrücklich auch Personen, die sexualisierte Gewalt im Kirchenkreis beobachtet haben, sich bislang aber dazu nicht zu äußern getraut haben. Zum Schutz der betroffenen Personen sowie der Angehörigen beschuldigter Personen würden öffentlich keine näheren Angaben zu Orten und Taten gemacht.
„Aus unseren bisherigen Gesprächen mit betroffenen Personen in den uns bekannten Fällen wissen wir, wie schwierig es für einige von ihnen ist, mit ihrer Geschichte aus dem Schatten zu treten“, sagte die Superintendentin Antje Marklein. Sie wolle deshalb transparente und verlässliche Angebote schaffen, die dabei helfen könnten, wieder Vertrauen zu fassen. „Wir wissen, dass dies viel Ausdauer und Geduld erfordern wird. Aber wir sind fest entschlossen, auf diesem Weg zu bleiben und damit als Institution Verantwortung zu übernehmen.“
Die ihr vorliegenden Hinweise habe die Landeskirche Hannovers der Staatsanwaltschaft übergeben. Die Landeskirche und Kirchenkreis ermutigen zudem betroffene Personen oder Zeugen, verübte Taten direkt bei der Polizei anzuzeigen. Das gelte auch dann, wenn diese Taten schon viele Jahre zurückliegen.
Ziel des Aufarbeitungsprozesses sei die Offenlegung möglichst aller Taten und beschuldigten Personen sowie deren Sanktionierung und deren Veröffentlichung, hieß es. Der Prozess soll zudem offenbaren, welche Strukturen und Menschen ein Entdecken der Taten bislang verhindert haben. Mit betroffenen Personen wolle der Kirchenkreis konstruktive Formate der Begegnung entwickeln.