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Kirche wachküssen

Schwedische Erzbischöfin sprach im Martin-Luther-Forum über Weltverantwortung

GLADBECK – Für Schwedens Erzbischöfin Antje Jackelén sind Reformation und Weltverantwortung untrennbar verbunden. Rechtfertigung und Gerechtigkeit gehörten zusammen, erklärte die Erzbischöfin der Schwedischen Kirche. Wer an Rechtfertigung glaube, werde auch daran interessiert sein, dass es in der Welt so gerecht wie möglich zugehe, sagte die promovierte Theologin vor rund 250 Gästen des Sommerempfangs im Martin-Luther-Forum in Gladbeck. „Es geht um Bildung, um Freiheit, ums Fürchten, ums Verstehen und um Hoffnung“, konkretisierte Jackelén die christlichen Verantwortungsbereiche.
„Weltverantwortung“, so die Theologin weiter, „ist die Antwort auf die Fragen, vor die die Welt uns stellt. Wer recht antworten will, muss die Frage verstehen.“ Verstehen bedeute aber auch übersetzen und deuten. Jackelén sprach sich in diesem Zusammenhang für einen „guten Mittelweg des Verstehens“ aus – nämlich für den Weg, „der nicht in den Graben eines uferlosen Relativismus führt, aber auch nicht in rigider Prinzipienreiterei oder totalitären Ansprüchen endet“. Es seien nicht permanente Prinzipien, die selig machen, sondern die permanente Kritik der Prinzipien – eine Kritik, die Grundsätze vor dem Erstarren zum Dogma bewahrt. Die Bischöfin zeigte sich überzeugt, dass eine gute Ethik für die Gegenwart nur dann formuliert und gelebt werden könne, wenn man diesen Mittelweg des Verstehens finde. Ein derart gelöstes Denken bewahre davor, die jeweils anderen entweder zu vergöttern, zu verteufeln oder zu trivialisieren. „Der Wille, sich dem Ruf des Anderen zu stellen, lässt hoffen, dass wir doch noch eine heilsamere Zukunft für mehr Menschen schaffen können.“
Zum Schluss stellte Erzbischöfin Antje Jackelén die Zukunftsfrage: „Hat die Kirche, haben Christen noch eine Bedeutung als Hoffnungsträger? Und ist diese Bedeutung auf den privaten Bereich beschränkt oder hat sie Einfluss auch auf das öffentliche Leben?“ Kirche, so Jackelén, sei dann bedeutsam, wenn sie ihre Verantwortung wahrnehme: „Dort, wo sich Kirche liebevoll für Welt und Menschen engagiert, wird Kirche auch als öffentlichkeitsrelevant wahrgenommen.“ Immer wieder sei es die Nächstenliebe, die theologische Erkenntnisse und Schätze an die Öffentlichkeit bringe: „Es sind die Herausforderungen einer jeden Zeit, die auch immer wieder christlichen Glauben und christliches Leben aus dem Dornröschenschlaf der Trägheit oder Selbstvergessenheit wachküssen.“ UK