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Kirche und Kirchner im Schulterschluss gegen Javier Milei

Im Kampf gegen Hyperinflation und Staatsverschuldung setzt Argentiniens radikal-marktliberaler Präsident Milei auf einen knallharten Sparkurs. Und er stößt auf erbitterten Widerstand – nicht nur von Kirchenvertretern.

Für ihre Attacke gegen Javier Milei hat sich die argentinische Ex-Präsidentin Cristina Kirchner ein ganz besonderes Event ausgesucht: Zum 50. Jahrestag der Ermordung des katholischen Priesters Carlos Mugica empfing sie am Sonntag auch die in der Gruppe der “Curas en Opcion Preferencial por los Pobres” (CPP) zusammengefassten Armenpriester. Der als “Pfarrer der Armen” populär gewordene Mugica habe den Sinn des Evangeliums verstanden, würdigte Kirchner die Verdienste des linksgerichteten Geistlichen.

Es folgte scharfe Kritik am amtierenden Präsidenten. “Es gibt Familien, die nur einmal am Tag essen”, sagte Kirchner und verwies auf die gestiegene Armutsrate im Land. Sie rief ihre Landsleute zu Widerstand auf: “Wie ist es möglich, dass es unter diesen Umständen Menschen gibt, die diese Politik unterstützen?”, fragte die Präsidentin bis 2015 und Vize-Präsidentin bis 2023 – und stellte aktuelle Verhandlungen zwischen Regierung und Opposition über ein Reformpaket infrage. Es soll die seit Jahren darniederliegende argentinische Wirtschaft wieder in Schwung bringen. Die Regierung hofft auf eine Einigung in den nächsten Tagen.

Mit dem verbalen und sichtbaren Schulterschluss zwischen Armenpriestern und Ex-Präsidentin positioniert sich die katholische Kirche in Argentinien nun recht eindeutig. Die nationale Bischofskonferenz gab sich zuletzt zurückhaltender.

Unterdessen sind mehrere Organisationen, die dem Kirchner-Lager nahe stehen, selbst in die Kritik geraten. Laut der Zeitung “La Nacion” ergaben Ermittlungen der Justiz, dass offiziell registrierte Einrichtungen der Armenspeisung, die finanzielle Zuwendungen vom Staat erhielten, gar nicht existierten. Andere Medien berichten, dass Sozialbewegungen in den Armenvierteln ein System von Bestrafung und Repression gegen Bewohner eingeführt hätten, die nicht gegen Milei protestieren wollten.

Unabhängig überprüfen lassen sich die Berichte nicht. Sollten die Vorwürfe allerdings zutreffen, wäre das ein weiterer schwerer Schlag für den Kirchnerismus. Die linkspopulistische Ideologie ist nach den Ex-Präsidenten Nestor Kirchner (2003-2007) und seiner Frau Cristina (2007-2015) benannt. Die während ihrer politischen Karriere zur Multimillionärin aufgestiegene 71-Jährige ist wegen Korruption in erster Instanz verurteilt. Sie spricht von politischer Verfolgung.

Aus dem Nachbarland Uruguay meldete sich derweil Ex-Präsident Jose “Pepe” Mujica zu Wort, der als Gewissen der lateinamerikanischen Linken gilt. Der 88-Jährige wirft den Kirchner-Regierungen vor, im Kampf gegen die Inflation versagt zu haben. Das habe Mileis Aufstieg erst ermöglicht.

Der radikal-marktliberale Milei ist seit Dezember Präsident. Er übernahm ein hochverschuldetes Land mit Massenarmut und Hyperinflation. Der Politiker kündigte an, mit radikalen Sparmaßnahmen das Land zu sanieren und die Wirtschaft wiederzubeleben. Seiner Regierung gelang im ersten Quartal tatsächlich erstmals seit Jahren ein Haushaltsüberschuss; Argentinien stieg im Index für ausländische Investoren wieder unter die Top-25-Nationen auf. In den ersten sechs Monaten der Präsidentschaft Mileis gelang es überdies, die Inflation spürbar zu reduzieren. Der Internationale Währungsfonds (IWF) bescheinigte, die Anforderungen seien sogar übererfüllt worden.

Zugleich nahm aber die Armutsrate noch einmal deutlich zu. Linksgerichtete Organisationen und Gewerkschaften kritisieren den Kurs der neuen Regierung scharf – und rufen immer wieder zu Protesten und Streiks auf.