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Kein Gemeindefest mit Fleisch auf dem Grill

UK 25 und 28/2016, Landwirtschaft (Seite 7: „Alle wollen es billig“ und Seite 14: Leserbrief „Priester der Marktwirtschaft“)
Es ist geradezu höllisch, was die meisten unserer – von uns so deklarierten – „Nutztiere“ Tag für Tag erleben. Eine tierquälerische Haltung, ein gnadenloser Transport, brutaler Tod in Schlachthöfen – dies alles verantworten wir als Christen mit, wenn wir uns nicht deutlich dagegen aussprechen und auf Veränderung drängen.
Die meisten Bauern machen dieses System mit, weil sie meinen, sie könnten beruflich nicht existieren. Dies ist das Ergebnis einer Landwirtschaftspolitik, die über Jahrzehnte auf immer mehr („Esst mehr Fleisch“-Kampagnen) und auf immer billiger gesetzt hat – bis heute. Die Landwirte folgten und folgen fast blind diesem verhängnisvollen Weg, den ihre Verbandsvertreter und Futtermittelfabrikanten ihnen vorgegeben haben: Verschulden, Investieren, Profitieren. Alternative Landwirtschaft wurde abgebügelt und in Nischen gedrängt. Respekt vor den Tieren als unsere Mitgeschöpfe? Fehlanzeige.  Achtung vor der Schöpfung? Das Ergebnis haben wir jetzt:
Ferkel werden in Zuchtfabriken totgeschlagen; Kühe, die 20 Jahre alt werden könnten, werden zu Höchstleistungen beim Milchertrag gezwungen, bis sie nach vier bis fünf  Jahren nicht mehr können und in die Schlachthöfe verbracht werden. Wenn die Profiteure es schlimm meinen, werden die Tiere aus Subventionierungsgründen noch durch halb Europa gekarrt – in Hitze oder Kälte, oft unversorgt mit Wasser oder Nahrung. Puten und Hähnchen werden in kasernierter Massenhaltung gequält, männliche Kälbchen als Ergebnis des Beendens der Milchquotenregelung müssen verhungern oder werden nach der Geburt getötet. Achtung vor der Schöpfung?
Natürlich sind nicht nur die Bauern schuld – mit ihnen auch wir Verbraucher. Wir habe uns aufs Fleischessen drillen lassen und dabei offenbar unseren Ess- und Umwelt-Verstand eingebüsst. Völlig unverständlich ist dabei die Ignoranz der Christen, die trotz Information und Ethik weiterhin munter Fleisch und Wurst ihrer gequälten Mitgeschöpfe essen, die auf Gemeinde-„Festen“ gegrilltes Tierfleich geradezu als Attraktion anbieten. Achtung vor Gottes guter Schöpfung?
Es dürfte heute kein Gemeindefest mehr mit Fleisch auf dem Grill geben. Und auf den Essenstisch gehören unter heutigen Haltungs- und Produktionsbedingungen auch keine Wurst und kein Fleisch mehr. Es gibt genügend Alternativen. Man muss  allerdings aus seiner Bequemlichkeit raus und sich darum kümmern: Bauern und Verbraucher, Pastoren und Presbyterien. Es geht, wenn man will.
Dora und Martin L. Treichel, Soest