Das Defizit der gesetzlichen Krankenversicherung wächst und wächst. Nun reagiert Ministerin Nina Warken und stellt die Kommission vor, die erste Vorschläge für eine Reform erarbeiten soll. Die Zeit drängt.
In eine der vielen politischen Baustellen von Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) soll nun Bewegung kommen. Am Freitag stellte sie die Kommission zur Stabilisierung der maroden Finanzen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) vor. Der GKV-Spitzenverband beklagte erneut die dramatische Finanzlage und mahnte akuten Handlungsbedarf an. Andernfalls drohten weiter steigende Beiträge für Versicherte und Arbeitgeber bereits ab 2026.
Zehn Wissenschaftler, fünf Frauen und fünf Männer, aus unterschiedlichen Fachbereichen wie Ökonomie, Medizin und Sozialrecht sollen in zwei Stufen bis Ende 2026 kurzfristige und strukturelle Reformmaßnahmen vorschlagen. Unter anderen dabei sind der Bonner Arbeitsrechtler Gregor Thüsing sowie der Münchner Experte Michael Laxy.
Die gesetzliche Krankenversicherung stehe vor historischen Herausforderungen, betonte Ministerin Warken. “Ab 2027 rutschen wir beim Defizit in den zweistelligen Milliardenbereich.” Kurzfristig müsse eine Lücke von vier Milliarden Euro geschlossen werden. Dabei sei das Ziel der Regierung, die seit Jahren steigenden Beiträge für die Versicherten zu stabilisieren.
“Es gibt keine Denkverbote”, betonte Warken mit Blick auf die Kommissionsarbeit. Ursprünglich sollten die Vorschläge der im Koalitionsvertrag beschlossenen Kommission erst im Frühjahr 2027 vorliegen. Nun ist ein zweistufiges Verfahren bis Ende 2026 geplant. Der erste Bericht mit kurzfristigen und wirksamen Maßnahmen soll Ende März vorliegen; im Dezember 2026 sollen die Experten dann den zweiten Bericht zu strukturellen Anpassungen der GKV vorlegen.
Der Bonner Jurist Thüsing bekräftige, dass es kein rein wissenschaftlicher Diskurs werde. “Ein Vertrautsein mit der Wirklichkeit” sei wichtig, damit die Vorschläge am Ende auch praxistauglich seien. Daher werde man möglichst frühzeitig auch den Austausch mit den Verbänden und relevanten Akteuren bei der Krankenversicherung suchen.
Die finanzielle Lage der gesetzlichen Krankenkassen ist seit Jahren angespannt. 2024 haben die Kassen laut Schätzungen ein Defizit von 6,2 Milliarden Euro eingefahren. Die Krankenkassen hatten deshalb zum Jahresanfang ihre Beitragssätze so kräftig anheben müssen wie seit mindestens 50 Jahren nicht mehr.
Daher hatte der Bund im Frühjahr kurzfristig einen Zuschuss zum Gesundheitsfonds bereitgestellt. Hintergrund war, dass die sogenannte Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds unter den gesetzlich festgelegten Wert gefallen war. In den Gesundheitsfonds fließen die Beiträge von gesetzlich versicherten Mitgliedern und deren Arbeitgebern sowie Steuermittel. Der Fonds verteilt das Geld dann an die Krankenkassen.
Die Kassen hatten am Donnerstag zudem eine Klage gegen den Bund eingereicht, weil er die Behandlungskosten von Bürgergeldempfängern nicht finanziere. Für die Krankenversicherung von Menschen mit Bürgergeldbezug bleibe “der Bund den gesetzlichen Krankenkassen Jahr für Jahr rund zehn Milliarden Euro schuldig”, so der GKV-Spitzenverband.