Der Umgang mit rechtsextremen Positionen im Schulunterricht ist für Lehrkräfte nach Ansicht des Kölner Juristen und Hochschullehrers Markus Ogorek eine Gratwanderung. Die kritische Auseinandersetzung mit extremistischen Parteien wie der AfD im Schulunterricht sei erlaubt und geboten, sofern sie differenziert erfolge, sagte Ogorek am Dienstag auf einer Tagung in Mülheim an der Ruhr auf Einladung des Bistums Essen. Wer rechtsextreme Sprache von Schülern, wie beispielsweise „Umvolkung“ oder „Volksverräter“, dulde, untergrabe demokratische Werte. Menschenverachtende, rassistische oder antisemitische Äußerungen müssten zurückgewiesen werden.
Eine bloß abwartende oder indifferente Haltung verkenne nicht nur die Wirkungsmacht solcher Aussagen im schulischen Raum, sondern schwäche auch das Vertrauen in die demokratische Widerstandskraft staatlicher Institutionen, sagte Ogorek laut Redetext. Wer jedoch vorschnell sanktioniere, gefährde pädagogisches Vertrauen. „Die professionelle Reaktion liegt in der sachlichen Einordnung, nicht in der Empörung“, sagte der Jurist.
„Politische Neutralität im Schulkontext bedeutet nicht politische Indifferenz“, betonte Ogorek. Vielmehr gebiete das Grundgesetz den Beamtinnen und Beamten eine loyale Haltung zu Demokratie und Rechtsstaat, „jedoch ohne politische Parteinahme oder agitatorische Stellungnahmen“. Diese beamtenrechtliche Mäßigungspflicht gelte, anders als im Fall des Neutralitätsgebotes, auch außerhalb des Dienstes und begrenze insbesondere Stil, Ton und Auftreten bei politischen Äußerungen.
Im Umgang mit demokratiefeindlichen Positionen stünden Lehrkräfte damit vor einer doppelten Herausforderung. Einerseits verpflichte sie das Beamtenrecht zur parteipolitischen Neutralität und Mäßigung, sagte Ogorek. Andererseits verlangten die beamtenrechtliche Treuepflicht und der staatliche Bildungsauftrag ein aktives Eintreten für die freiheitliche demokratische Grundordnung. Die Fachtagung über den Umgang mit extremistischen Positionen fand in Kooperation mit der Landeszentrale für politische Bildung NRW statt und richtete sich an Mitarbeiter staatlicher Einrichtungen und Behörden.