Von Jürgen Israel
An einem der Tage, als Gheorghe und ich allein mit der Viehherde unterwegs waren, trafen wir auf eine große Schafsherde. Gheorghe unterhielt sich mit dem Hirt; später fragte ich ihn, ob der Junge, der beim Hüten half, sein Sohn sei. Juri bejahte. Meine Bemerkung, er sollte doch um diese Zeit in der Schule sein, beantwortete er mit einem Schulterzucken.
Zufällig kam am Nachmittag desselben Tages ein zwölfjähriges Mädchen zu uns, dessen Vater in der Nähe eine Kuhherde weidete. Es unterhielt sich stundenlang mit Gheorghe, schließlich kam der Vater auch zu uns. Erst als wir begannen, die Tiere ins Dorf zurückzutreiben, trennten wir uns.
Ohne dass ich gefragt hatte, sagte Gheorghe, das Mädchen gehe nicht gern zur Schule, und so gehe es eben nicht hin. Schuld daran seien freilich die Eltern. Wenn das Kind nicht zur Schule gehen wolle, müsse man notfalls, und er machte die entsprechende Handbewegung, mit einem Schlag auf den Hintern nachhelfen.
Sein Sohn wolle auch nicht jeden Tag in den Kindergarten gehen. Wenn er krank sei, müsse er selbstverständlich nicht hingehen; aber sonst – und er machte wieder die bewusste Handbewegung.
Wenn ich mich nicht täusche, habe ich das Mädchen am nächsten Tag aus der Schule kommen sehen. Das war ein trüber, kühler Tag, an dem es stets nach Regen aussah, während tags zuvor von Morgen bis Abend die Sonne geschienen hatte.
Übrigens hat das Mädchen, als Gheorghe sich entfernt hatte, um nach einem Pferd zu schauen, mich sofort gefragt, ob ich Bonbons hätte.
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