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Israelischer Autor über imaginäre Zuhörer beim Beten und Schreiben

Ein Streit mit seiner ultraorthodoxen Schwester war der Auslöser dafür, dass der Schriftsteller Etgar Keret zu einer wesentlichen Erkenntnis kam: Beten und Schreiben haben etwas gemeinsam.

Etgar Keret (57), israelischer Schriftsteller, hat Gemeinsamkeiten zwischen dem Schreiben und dem Beten festgestellt. Beides richte sich an einen imaginären Zuhörer, sagte Keret der “Süddeutschen Zeitung” (Montag). “Anstatt zu verzweifeln, dass niemand verstehen wird, was mich in meiner Seele bewegt, stelle ich mir also einen Leser vor.” Beim Beten wie beim Schreiben müsse man daran glauben, dass da jemand sei, der einem zuhören wolle. “Und man muss klar artikulieren, was man will – das ist es etwas wert.”

Zu der Erkenntnis sei er in Folge eines Streits mit seiner ultraorthodoxen Schwester gelangt, erzählte der Schriftsteller. Als er ihr berichtete, in welcher Weise er sich seit Kriegsbeginn engagiere, habe sie ihm erklärt, auch viel zu tun, nämlich ihre Gebete verdoppelt zu haben. Zu seinen Übungen gehöre es seit jeher, wenn er sich über anders denkende Personen ärgere, Geschichten aus deren Sicht zu schreiben, so Keret. Ziel sei dabei, die Leute besser zu verstehen. Im Falle seiner Schwester habe er beim Schreiben dann gemerkt, “dass ich mir dabei mich selbst als Leser vorgestellt habe”.