Bisher konnten sich ultraorthodoxe Juden ganz dem Studium religiöser Schriften widmen. Doch künftig müssen auch sie Dienst an der Waffe leisten.
Die israelische Generalstaatsanwältin Gali Baharav-Miara hat die israelische Armee angewiesen, umgehend 3.000 strengreligiös-jüdische Jeschiwa-Studenten für den Wehrdienst zu rekrutieren. Dabei handele es sich um eine erste Zahl, “die weder den aktuellen Bedarf der Armee vollständig widerspiegelt noch die Last gleichmäßig verteilt”, sagte sie laut israelischen Medienberichten von Dienstagabend.
Ihre Anordnung folgte auf das Urteil des Obersten Gerichts, dass auch strengreligiös-jüdische Männer (Haredim) zum Wehrdienst in die israelische Armee eingezogen werden müssen. Baharav-Miara wies demnach die Armee an, einen Plan auszuarbeiten, diese Zahl zu erhöhen und das “Rekrutierungspotenzial zu maximieren”. Ferner wies sie Rechtsberater des israelischen Verteidigungsministeriums, des Finanzministeriums und des Bildungsministeriums an, jegliche Maßnahmen zu unterlassen, die Personen direkt oder indirekt unterstützen, welche sich der Wehrpflicht entziehen.
Derzeit gibt es laut Medienberichten mehr als 60.000 Jeschiwa-Studenten, die wehrdienstgeeignet sind. Die Armee hatte geltend gemacht, dass sie im laufenden Einzugsjahr realistischerweise nur 3.000 von ihnen einziehen könne. Das Oberste Gericht des Landes hatte am Dienstag einstimmig geurteilt, dass es keine rechtliche Grundlage mehr gebe, ultraorthodoxe Religionsstudenten generell vom Wehrdienst zu befreien. Ferner dürfe die Regierung keine Jeschiwas finanziell unterstützen, deren Studenten sich nicht zum Militärdienst meldeten.
Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu kritisierte laut Berichten das Vorgehen des Gerichts. Es sei seltsam, dass ein Gericht, das 76 Jahre davon abgesehen habe, die Wehrpflicht für Haredim durchzusetzen. Ultraorthodoxe Männer sind seit der Staatsgründung Israels für das Studium der religiösen Schriften von der allgemeinen Wehrpflicht de facto befreit. Diese Ausnahmeregelung war bereits vor Jahren vom Obersten Gericht des Landes als verfassungswidrig erklärt worden. Am Streit um die Wehrpflicht von Haredim war Ende 2018 die damalige Regierungskoalition zerbrochen.