MENDEN – Ihre Gesichter strahlen. Freundlich lächeln sie mich an, als ich ihnen Glück und Gottes Segen wünsche. Ob sie alles verstehen, was ich sage, weiß ich nicht. Die Deutschkenntnisse von Masud, Shahin und Arash (Namen von der Redaktion geändert) sind noch eher gering, aber das ist nicht wichtig.
Zum einen, weil aus ihren Blicken die Sprache des Herzens spricht, und die ist bekanntlich international. Zum anderen, weil in ihrer Taufe etwas geschieht, das sich nur schwer in Worte fassen lässt.
„Du gehörst jetzt zu Jesus Christus.“
„Nimm hin das Zeichen des Kreuzes“, sagt Dorothea Goudefroy, Gemeindepfarrerin aus Menden, während sie den Täuflingen mit dem Daumen ein Kreuz auf die Stirn zeichnet. Mit dieser schon aus der Alten Kirche stammenden Symbolhandlung stellt sie den Zusammenhang mit dem Sterben und Auferstehen Jesu Christi her. Sie bekräftigt es auch noch einmal mit den Worten: „Du gehörst jetzt zu Jesus Christus, für Zeit und Ewigkeit!“ Zum Schluss überreicht sie Masud, Shahin und Arash noch ein kleines Kreuz aus Metall mit einer Schnur daran, als Geschenk der Gemeinde zur Erinnerung an ihre Taufe.
Dass sich in der Evangelischen Kirche mittlerweile immer mehr Erwachsene taufen lassen, ist längst nichts Ungewöhnliches mehr. Wenn sich aber drei junge Menschen, die in einem muslimisch geprägten Land aufgewachsen sind, bewusst für die Taufe und damit für den christlichen Glauben entscheiden, dann lässt das aufmerken. Warum machen die das, haben sich sicher nicht nur die anderen Gottesdienstbesucherinnen und -besucher an diesem Sonntag gefragt. Ist der Taufwunsch nur ein äußerer Ausdruck ihrer Bereitschaft zur Integration oder wollen sie damit vielleicht ihre Chancen im Asylverfahren verbessern? Kenner der Situation der geflüchteten Menschen in den Übergangswohnheimen und in den Flüchtlingsfamilien wissen: Diese Menschen haben es in ihrem Umfeld nach ihrer Taufe oft schwer, weil sie auf Ablehnung, Ausgrenzung und manchmal offene Feindschaft stoßen. Und diejenigen, die ihre Asylanträge bearbeiten, prüfen in solchen Fällen eher besonders kritisch.
Die Getauften haben also vordergründig keine Vorteile von ihrem Übertritt zum Christentum. Das spricht also eher für eine echte Glaubensentscheidung, die sie für sich getroffen haben. Wer am Taufsonntag in Menden die Gelegenheit hatte, mit Masud, Shahin und Arash in Kontakt zu kommen, wer in ihre Gesichter vor und nach der Taufe geschaut hat, konnte sich selbst davon überzeugen, dass ihnen dieser Schritt innerlich viel bedeutet.
Die „Neuen“ haben einen festen Platz
In Menden gehören die Drei zu einer Gruppe von etwa 30 jungen Iranern und Afghanen, die seit vielen Wochen Sonntag für Sonntag den Gottesdienst in der Heilig-Geist-Kirche besuchen. Die Gemeinde hat sich mittlerweile auf diese Menschen eingestellt. Im Gottesdienst gibt es seit einiger Zeit eine Bibellesung in Farsi, der Muttersprache der Migranten. Und im anschließenden Kirchencafé im Gemeindehaus sind sie ebenfalls willkommene Gäste. Mit Unterstützung einer Dolmetscherin erfahren auch die anderen Besucherinnen und Besucher etwas von der Situation in ihrem Heimatland, ihren Fluchtgründen und ihren aktuellen Lebensumständen. Auch wenn sich manche älteren Gemeindeglieder noch schwer damit tun, mit den neuen Mitchristen direkt in Kontakt zu treten, haben diese mittlerweile einen festen Platz in der Gemeinde. Zu wünschen ist ihnen, dass sie dort eine neue Heimat finden und auch weiterhin Unterstützung erhalten. Pfarrerin Goudefroy jedenfalls ist zuversichtlich: „Ich habe das Gefühl, dass sich unsere Gemeinde verändert – auch wenn wir noch nicht wirklich wissen, wohin.“
Der Autor, Dr. Matthias Hoof, ist Flüchtlingsbeauftragter im Evangelischen Kirchenkreis Iserlohn.