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Im Sog von Gelb, Blau und Rot

Das Arp Museum Rolandseck widmet sich in seiner neuen Wechselausstellung „Rausch der Farbe“ in der „Kunstkammer Rau“ der Bedeutung der Farbe in der Kunst. Die bunte Reise durch die Geschichte der Malerei fördert überraschende Allianzen zutage

Der Meister der Magdalenenlegende hat nichts dem Zufall überlassen. In seinem um das Jahr 1500 entstandenen Madonnenbildnis ist alles sorgsam durchkomponiert: Der golden leuchtende Hintergrund, der nach oben gerichtete Blick des Jesuskindes und der Apfel in seinen Händen. Was hat so ein Bild neben der großformatigen Farbexplosion des Informel-Malers K. O. Götz zu suchen, der klassische Form- und Kompositionsprinzipien strikt ablehnte? Dass solch ungewöhnliche Allianzen zwischen Bildern über die Jahrhunderte hinweg funktionieren, zeigt die neue Wechselausstellung, die gegenwärtig in der „Kunstkammer Rau“ des Arp Museums Rolandseck zu sehen ist.

Von Tiepolo bis K. O. Götz reicht die Farbpalette

Unter dem Titel „Rausch der Farbe. Von Tiepolo bis K. O. Götz“ führt die Schau bis zum 29. Juli zusammen, was auf den ersten Blick gar nicht zusammengehört. Doch die Farbe erweist sich als überraschend starkes Bindeglied, das Kunstwerke vom Mittelalter bis in die Gegenwart verbindet. Gleich im ersten Ausstellungsraum wird deutlich, wie sich Kunstwerke unterschiedlichster Epochen die Farbe gleichsam wie einen Pingpong-Ball zuspielen.

In der Mitte des Raums setzt ein orange glänzendes bonbonförmiges Objekt von Thomas Rentmeister ein deutliches Statement. Aufgenommen wird seine leuchtende Farbe von einem flimmernden orange-braunen Bild des Farbmalers Gotthard Graubner, der zurzeit auch mit einer Werkschau im Neubau des Arp Museums vertreten ist. Weiter geht es zu der fauvistischen Landschaft Maurice de Vlamincks, der Anfang des 20. Jahrhunderts pures Orange, Grün, Blau und Rot mit der Tube auf die Leinwand drückte und mit dicken Pinselstrichen flächig vermalte. Schräg gegenüber antwortet darauf der bedrohliche, orangefarbene Himmel im Gemälde „Feuersbrunst in einem Schloss“ des Barockmalers Aert van der Neer.
Anhand von 62 pointiert ausgewählten Werken wird der Besucher so durch die Geschichte des Einsatzes und der Bedeutung von Farbe in der Kunst vom Mittelalter bis heute geleitet. Dabei griff Kuratorin Susanne Blöcker auf ein weiteres verbindendes Element zwischen den Jahrhunderten zurück: Die Darstellung des Himmels und seines Farbenspiels.

Bleibend über Jahrhunderte: Himmel, Blumen, Farben

Die Reise beginnt mit mittelalterlichen Madonnenbildnissen, die die Mutter Gottes vor einem golden leuchtenden Hintergrund zeigen. In den dunklen Kirchen sollte er im Schein der Kerzen überirdisch schimmern und das himmlische Paradies verbildlichen. Im Spätmittelalter wurde dann durch die Entwicklung von Ölfarben die Darstellung eines lichten, blauen Himmels möglich, der in die Ferne und auf die Unendlichkeit verweist. Die Barockmalerei setzt die Farbe als Ausdruck des Gefühls ein. Bedrohlich grau-blau dräuende Himmel und dramatische Hell-Dunkel-Kontraste, wie etwa in Jan Josephzoon van Goyens Gewitter-Bild, zeigen einen kleinen, den Urgewalten ausgesetzten Menschen.
Als Gegenentwurf grüßt von der anderen Seite des Raumes Claude Monets „Waldweg“ mit seinen für den Impressionismus typischen hellen, flirrenden Lichtreflexen. Dass diese Zerlegung des Bildes in Farbpunkte ein erster Schritt in die Abstraktion war, verdeutlicht Ulf Maiers Aquarell aus den 70er Jahren. Dort hat sich die Farbe endgültig vom Gegenstand gelöst.
Bunt wird es dann bei einem weiteren Themenstrang der Ausstellung. Beim Motiv der Blumen tritt die symbolische Kraft der Farben hervor. Rot als Farbe der Liebe verleiht der Rose eine besondere Bedeutung, die sich Auguste Renoir in seinem Gemälde „Dame mit Rose“ zunutze macht. Blaue, rote und weiße Blüten im Haar unterstreichen die Jugend der jungen Frau in Giovanni Domenico Tiepolos Gemälde – vermutlich eine Allegorie auf Flora, die Göttin der Blumen.
Fortgeschrieben wird das Blumenmotiv in Peter Hutchinsons Collage „Arp Thrown Ropes“ (2001). Die Fotocollage verweist auf eine Bodenarbeit Hutchinsons in Remagen, wo er zufällig durch einen Seilwurf entstandene Linien mit bunten Blumen bepflanzte. Es ist eine lange Reise vom allegorischen, sorgfältig inszenierten Gemälde Tiepolos zur Kunst Hutchinsons, die dem Zufall freie Bahn lässt. Dennoch zeigt die Ausstellung, dass es Dinge gibt, die auch in der Kunst über Jahrhunderte bleiben: Der Himmel, die Blumen und nicht zuletzt die Farben.

Das Arp Museum in Remagen ist dienstags bis sonntags und an Feiertagen von 11 bis 18 Uhr geöffnet. Internet: www.arpmuseum.org.