Ein Vertrag zwischen einer Terrororganisation und einem Staat: Das ist nach Worten des Historikers Michael Wolffsohn die Gemengelage beim Waffenstillstandsabkommen zwischen Israel und der Hamas – und damit ein Problem.
Der Historiker Michael Wolffsohn sieht in dem neuen Waffenstillstandsabkommen zwischen Israel und der Hamas ein grundsätzliches ethisches Problem. Eine Terrororganisation und ein demokratischer Staat hätten “formal völkerrechtlich auf Augenhöhe” einen Vertrag abgeschlossen, sagte Wolffsohn im Interview der “Frankfurter Allgemeinen Zeitung” (Samstag). Das bedeute: “Eine Terrororganisation ist dadurch der völkerrechtlich legitimierte Sprecher zumindest eines Teils des palästinensischen Volkes geworden.” Dies hätte auch nicht anders gelöst werden können.
“Wir haben es hier mit einer zweidimensionalen fundamentalethischen Problematik zu tun: die Augenhöhe zwischen Terrororganisation und Demokratie und dort skrupellose Politiker, personifiziert von Donald Trump, als Friedensbringer”, erklärte Wolffsohn. Und: “Dass Trump den Friedensnobelpreis vom Ansatz her verdient, ist zweifellos richtig. Der unethische, skrupellose Trump hat im Nahen Osten eine völlig neue regionale Wirklichkeit geschaffen.”
Der Historiker sieht darüber hinaus eine “öffentlich-demonstrative, nahezu globale Legitimation durch die propalästinensischen Demonstranten seit dem 7. Oktober 2023”. Man habe es mit einer “massenhaften Mobilisierung zugunsten von Antiethik zu tun”, unabhängig davon, ob man für Israel sei oder die Sache der Palästinenser vertrete. “Faktisch wurde die Methode des Terrorismus legitimiert. Auch das ist ein Ergebnis dieses Krieges.”
Das Mitleid mit den Palästinensern sei absolut nachvollziehbar, betonte Wolffsohn. Er sprach von einem asymmetrischen Krieg: “Hamas-Guerilla-Kämpfer treffen auf das reguläre israelische Militär. Jede Guerilla greift aus dem eigenen Zivil heraus den feindlichen Soldaten an.” Die eigene Zivilbevölkerung sei nicht nur ein Schutzschild, “sondern von vornherein als Opfer mit eingeplant”.
Dessen seien sich die weltweit gegen Israel demonstrierenden Menschen nicht bewusst. “Sie sehen nur das über Bilder übertragene Leid. Das Leid dieser Bilder ist real, aber Bilder zeigen nicht die Ursache. Insofern ist die Reaktion absolut sympathisch, nachvollziehbar und menschlich, aber sie ist vollkommen naiv sowie unpolitisch”, sagte der Historiker.