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Hilfen für Missbrauchsopfer laufen aus: Beauftragte fordert Regelung

Nach dem absehbaren Aus des Fonds für Opfer sexualisierter Gewalt fordert die Unabhängige Missbrauchsbeauftragte Kerstin Claus eine zügige Nachfolgeregelung. „Ein guter Ansatz wäre, den Fonds durch einen zusätzlichen Paragrafen im UBSKM-Gesetz abzusichern“, sagte Claus dem Evangelischen Pressedienst (epd). Zudem appellierte die Beauftragte an die Abgeordneten des Bundestags, „bei den Haushaltsberatungen Geld für diese niedrigschwelligen Hilfen für Missbrauchsopfer zu beschließen“. Sie stünden in der Pflicht, gerade weil der Staat diese Taten nicht habe verhindern können, sagte Claus.

Der 2013 gegründete Fonds sollte ursprünglich insbesondere Opfern sexueller Gewalt im familiären Kontext niedrigschwellig und unbürokratisch Hilfen gewähren. Inzwischen beteiligen sich auch Institutionen daran. Im März wurde bekannt, dass der Fonds auslaufen soll. Hintergrund ist Kritik des Bundesrechnungshofs an dem Fonds, aus dem Hilfen oftmals ohne klare zeitliche Vorgaben ausgezahlt werden. Anträge sollten nach der damaligen Aussage der Ampel-Regierung noch bis Ende August möglich sein.

In dieser Woche verschärfte sich die Lage nochmals: Auf der Internetseite des Fonds wurde am Dienstag mitgeteilt, dass wegen eines erhöhten Antragsaufkommens nur noch bis zum 19. März dieses Jahres eingegangene Erstanträge bewilligt werden können. Die verfügbaren Haushaltsmittel seien „vorzeitig erschöpft“, hieß es.

Wie das Bundesfamilienministerium auf Anfrage mitteilte, ging die Zahl der Anträge im vergangenen Jahr um 19 Prozent nach oben, im ersten Quartal dieses Jahres stieg sie nochmals deutlich. Von rund 18,9 Millionen Euro, die in diesem Jahr für Erstanträge im Haushaltsplan vorgesehen seien, seien 7,25 Millionen Euro schon gebunden. Der Rest werde für die bis 18. März eingegangenen Anträge benötigt, hieß es. Im am Dienstag beschlossenen Haushaltsentwurf der Bundesregierung für dieses Jahr sind keine weiteren Mittel für den Fonds vorgesehen.

Claus kritisierte, dass trotz der unsicheren Lage des Fonds bei der Übergabe an die neue Bundesregierung kein Modell für eine künftige, haushaltskonforme Lösung vorgelegen habe. Es gehe um zwei Dinge, sagte Claus: Die finanziellen Mittel bereitzustellen und die Struktur der künftigen Hilfen rechtssicher neu aufzustellen.

Dennoch glaubt die Missbrauchsbeauftragte an eine Lösung in absehbarer Zeit. „Ich nehme Bundesfamilienministerin Karin Prien (CDU) als eine Politikerin wahr, die verstanden hat, wie essenziell der Fonds für Betroffene ist“, sagte sie. In jetziger Form könne das System nicht weitergeführt werden, hieß es aus dem Bundesfamilienministerium. Ministerin Prien werbe derzeit bei den Abgeordneten im Deutschen Bundestag für eine Fortsetzung der Hilfe an die Betroffenen, sagte eine Sprecherin.

Das noch kurz vor der Bundestagswahl in diesem Jahr beschlossene Gesetz zur Stärkung der Strukturen gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen stellt die Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) auf eine gesetzliche Grundlage. Es tritt am 1. Juli in Kraft. Auch der Verein „Gegen Missbrauch“ hatte sich nach der angekündigten Abwicklung des Missbrauchsfonds dafür ausgesprochen, Hilfen für Betroffene im UBSKM-Gesetz zu verankern.