Im hessischen Bensheim zeigen Grundschüler ihrem Bildungsminister mit Theater, Gespräch und Musik, was sie von Demokratie halten. Im neuen Schuljahr soll es spezielle Unterrichtsideen geben.
Die Untertanen fragen die Eule im Wald, wie sie der Königin verständlich machen können, dass sie in ihrem Reich nicht mehr länger schweigen wollen. “Ihr müsst der Königin zeigen, was Demokratie ist”, sagt die weise Eule auf der Theaterbühne. “Demo was?! Das klingt wie eine Gemüsesuppe mit ganz viel Meinung”, meint der Koch. “In einer Demokratie hört man einander zu, niemand wird ausgelacht oder zum Schweigen gebracht”, erklärt die Eule. Und tatsächlich gelingt es den Untertanen, das Königreich der Stille zur Demokratie der Stimmen zu verwandeln.
Applaus, Applaus – und der hessische Kultusminister, Armin Schwarz (CDU), der an diesem Morgen bei fünf Grundschulen in Bensheim (Landkreis Bergstraße) zu Gast ist, lobt die Kinder. Die Schülerinnen und Schüler, die Lehrkräfte und der Minister sind in der Turnhalle der Joseph-Heckler-Schule zusammengekommen. Jede Grundschule hat eine Gruppe von Schülerinnen und Schülern für den Besuch abgeordnet, um dem Minister in Liedern, Tänzen und Theaterstücken vorzuführen, was für sie Demokratie bedeutet.
Der Politiker ist auf “Wertvoll-Tour”, so das Motto der Schulbesuche in ganz Hessen. Seit dem vergangenen Sommer tourt Schwarz durch Grundschulen, Gymnasien, Berufsschulen, um mit Schülerinnen und Schülern über Toleranz und Respekt, Freiheit und Verantwortung zu sprechen. Gerade in diesen Zeiten, wo manche Dinge in Frage gestellt würden, sei es wichtig deutlich zu machen, was unsere Gesellschaft zusammenhält, sagt der Minister.
“Wir hören zu, schauen hin, wir helfen und wir geben, jeder hat sein Königreich und will in Frieden leben”, singen die Kinder der Schlossbergschule. Den Text ihres “Miteinander-Songs” haben sie zusammen mit ihren Lehrerinnen selbst geschrieben. Und so findet der Minister, dass ein Dialog über demokratische Werte gar nicht so abstrakt sein müsse. “Die Schulen spiegeln mir zurück, dass das Thema verfängt und sich die Kinder sehr konzentriert damit befassen.” Er macht aber auch klar, dass Wertevermittlung nicht nur in den Schulen stattfinden solle, sondern dass dies eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sei. “Wir müssen den Fokus darauf setzen, wir können nicht so tun, als wären Freiheit und Demokratie selbstverständlich, sie sind es nicht.”
In wenigen Tagen beginnen in Hessen die Sommerferien, dann ist erst mal Schluss mit Lernen. Und auch Armin Schwarz ist mit seiner “Wertvoll-Tour” vorerst am Ende. Das Thema soll anderweitig weitergehen, wie das Kultusministerium unterstreicht. So seien Materialien für den Unterricht in Vorbereitung, unter anderem mit Praxisbeispielen. Schulen sollen darüber die Möglichkeit erhalten, sich zu vernetzen, um sich zu den Themen Wertebildung und Demokratievermittlung auszutauschen.
Dass dies allerdings schon jetzt passiert, machen die Leiterinnen der Grundschulen in Bensheim deutlich. “Demokratie und Wertevermittlung sind schon immer unser Thema gewesen, das ist das Wichtigste überhaupt”, betont Franziska Kaluza, Rektorin der Hemsbergschule. So gebe es Klassen- und Schülersprecher, den wöchentlichen Klassenrat, bei dem die Kinder ihre Anliegen vorbringen, Kinderparlamente und Wertekonzepte, die die Schulen als Grundlage ihres Handelns entwickeln.
Und was verstehen die Kinder unter Demokratie? “Niemand wird ausgeschlossen”, sagt der neunjährige Ferdinand von der Löwenherzschule. “Jede Stimme zählt”, ergänzt seine Klassenkameradin Mila (9).