Die Münsteraner Kommunikationswissenschaftlerin Nina Springer warnt vor zunehmender „Hassrede“ im Netz. „Hatespeech“ beziehe sich oft auf bestimmte Charakteristika einer Person, sei es der biografische Hintergrund oder das Geschlecht, sagte die Forscherin in einem am Mittwoch veröffentlichten Podcast der Universität Münster. Diese Art von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit, die oft „People of Color“, Menschen mit anderer Hautfarbe, und Frauen treffe, habe auch offline einen negativen Einfluss auf die Gesellschaft und könne zu einer Gefahr für die Demokratie werden.
Eines der politisch-ideologischen Ziele von „Hatespeech“ sei es, dass sich bestimmte Gruppen aus öffentlichen Debatten zurückziehen sollen, sagte die Wissenschaftlerin. Mit Hetze würde etwa Druck auf Journalistinnen und Journalisten ausgeübt, Themen nicht weiter zu verfolgen. „Sie zwingen sie in die Selbstzensur“, beklagte Springer in der aktuellen Podcast-Folge „Umdenken“. In der Politik gebe es vor allem Bestrebungen von Parteien und Personen im rechten Spektrum, „den Raum des Sagbaren zu verschieben und eine andere Kommunikationskultur zu schaffen“. Das habe zur Folge, dass Menschen nicht mehr in die Politik gehen wollten oder sich aus ihr zurückzögen.
Das Phänomen der „Hassrede“ sei alt, wenn man etwa an Verschwörungserzählungen über jüdische Menschen im Mittelalter denke, sagte Springer. Durch die digitale Welt habe es aber eine neue Dimension erfahren, allein durch die Reichweite. „Ich benutze den Begriff der kommunikativen Gewalt, weil es nicht nur Worte sind, sondern auch Bilder und Memes online verletzend sein können“, erläuterte sie.
Studien zufolge hat bereits jeder zweite Deutsche Erfahrungen mit Hass im Netz gemacht. Insbesondere junge Menschen seien davon betroffen, weil sie stärker die sozialen Medien nutzen als ihre Eltern, sagte Springer. „Sie sind damit aufgewachsen; was man sich früher auf dem Schulhof erzählte, passiert heute im Internet.“
Die Kommunikationsexpertin riet Eltern, wachsam zu sein und das Gespräch zu suchen, etwa wenn das Kind kommunikative Gewalt sieht oder selbst erlebt. Sie sollten unterstützt werden, Freunden beizustehen und soziale Netzwerke aufzubauen. Wichtig sei auch die Förderung von Zivilcourage. „Eltern sollten ihre Kinder motivieren, solche Beiträge zu melden.“ Vor allem sollten Mütter und Väter in der Familie ein Bewusstsein für gewaltfreie Sprache schaffen: „Online sollte sich nicht von der Offline-Kommunikation unterscheiden“, betonte Springer.