Sie arbeiten in Kliniken, Kindertageseinrichtungen, der Altenpflege oder Betreuungseinrichtungen für Menschen mit Behinderung. Für viele Freiwillige geht der Einsatz jetzt nach einem Jahr zu Ende. Eine gute Gelegenheit, Bilanz zu ziehen.
Tilmann (22): Ich hätte nie gedacht, dass mir die Arbeit im sozialen Bereich so viel Spaß machen würde.
Nach der Schule war ich mir nicht sicher, ob ich ein Studium oder eine Ausbildung beginnen soll. Ich habe mich für das Studium des Verpackungsdesigns beworben und keinen Platz bekommen. Als Überbrückung und um herauszufinden, wie es ist, im sozialen Bereich zu arbeiten, bewarb ich mich für ein Freiwilliges Soziales Jahr.
Jetzt arbeite ich schon fast ein Jahr in einer Förderschule. Ich betreute einen Autisten auf seinem Weg zum Hauptschulabschluss und bei Bedarf noch einen weiteren Schüler. Das Arbeiten mit geistig behinderten Kindern macht mir viel Spaß. Auf einer Snowboardfreizeit mit den Kindern und weiteren Betreuern habe ich gemerkt, dass eine 24-Stunden-Betreuung der geistig behinderten Kinder etwas ganz anderes ist als die schulische Betreuung.
Ich würde sagen, ich bin erwachsener geworden, da ich jetzt nicht nur für mich, sondern auch für meine Klienten Verantwortung übernehme. Außerdem hat mir die klare Tagesstruktur geholfen, mich selbst zu organisieren.
Noel (17): Ich denke, dass viele Menschen eine gewisse Distanz gegenüber behinderten Menschen haben. Als persönliche Herausforderung wollte ich mich dieser Distanz stellen.
Ich habe mich für ein FSJ (= Freiwilliges Soziales Jahr; Anmerkung der Redaktion) im Behindertenheim entschieden, um mich beruflich zu orientieren und den Umgang mit Menschen mit Behinderung zu lernen. Viele Menschen haben eine gewisse innere Distanz gegenüber behinderten Menschen, und diese möchte ich gerne durch meine Arbeit mit behinderten Menschen beheben. Anfangs fiel es mir schwer, auf die Menschen meiner Einrichtung einzugehen, da das Durchschnittsalter bei 50 Jahren liegt. Der Alltag ist klar strukturiert, manche brauchen gleichbleibende Routinen und sind auf unsere Hilfe angewiesen. Oft habe ich das Gefühl, dass sie über Dinge ganz anders denken als ich.
Die anfänglichen Distanzen waren erstaunlicherweise schneller überwunden, als ich gucken konnte. Ich habe gelernt, dass ein Mensch mit Handicap genau so viel Wertschätzung erfahren sollte wie ein Mensch, der kein Handicap hat und ein normales Leben führt. Durch mein Freiwilliges Soziales Jahr im Behindertenheim bin ich selbst viel offener geworden. Obwohl mir die Arbeit sehr viel Spaß gemacht hat, möchte ich nach meinem FSJ einen Beruf fernab vom sozialen Bereich ergreifen.
Sophie (18): Bei einem Freiwilligen Sozialen Jahr gibt es so viel zu erleben. Dazu gehören natürlich auch schlechte Erfahrungen. Über die kann ich aber hinwegsehen, weil sie mich stark gemacht haben.
Ich arbeite in einer Grundschule und betreue einen blinden Jungen aus Syrien, der sich hier einleben und die deutsche Sprache erlernen soll. Die Arbeit mit Kindern hat mir schon in meinen Praktika viel Spaß gemacht und ich wollte den Kontakt zu beeinträchtigten Menschen lernen, den man im normalen Alltag eher nicht hat. Das Lächeln der Kinder ist immer etwas Tolles. Leider habe ich aber auch schon schlechte Erfahrungen machen müssen. Es gab vereinzelt Kinder, die um sich getreten, geschlagen und gespuckt haben. Solche Momente sind weniger schön, aber das sind Erfahrungen, die ich trotzdem nicht missen möchte.
Im Sommer fange ich eine Ausbildung zur Kauffrau für Büromanagement an. Das ist zwar ein ganz anderer Bereich, aber ich denke, dass die Arbeit im Büro auch eine meiner Stärken ist, nicht nur die Arbeit mit Kindern. Ich freue mich schon sehr auf meine Ausbildung und würde ein Freiwilliges Soziales Jahr immer weiterempfehlen, da man sehr viel über sich selbst und den Kontakt zu anderen Menschen lernt.
Alexander (19): Ich wollte immer Medizin studieren. Nach meinem FSJ im Wohnheim für psychisch erkrankte Menschen und Suchtkranke kann ich mir gut vorstellen, in diesem Bereich zu arbeiten.
Eigentlich wollte ich nach dem Abitur Medizin studieren. Trotz meines guten Numerus Clausus habe ich keinen Platz bekommen und mich dann für ein FSJ entschieden, um die Zeit bis zum Studium sinnvoll zu überbrücken und neue Erfahrungen zu sammeln.
Jetzt arbeite ich in einem Wohnheim für psychisch erkrankte Menschen und Suchtkranke. Als ich eine ältere Bewohnerin zu einem MRT-Termin in die Klinik begleitet habe (MRT = Magnetresonanztomographie – erzeugt Schnittbilder des Körpers; Anmerkung der Redaktion), hat sie mir erzählt, dass sie an Paranoider Schizophrenie leidet, von wem sie sich verfolgt fühlt und wer ihr Angst macht. Nach dieser Unterhaltung habe ich erst so richtig verstanden, was für einer dauerhaften Belastung jemand ausgesetzt ist, der an einer psychischen Erkrankung leidet. Nach meinem FSJ möchte ich auf jeden Fall studieren. Ob es in Richtung Medizin, soziale Arbeit, Psychologie oder auch Lehramt gehen wird, weiß ich noch nicht. Ich möchte definitiv einen Job mit viel Kontakt zu Menschen.