Deutschlands Krankenhäuser müssen die Frage beantworten, wie sie für den Ernstfall eines Krieges vorbereitet sind. Eine Studie zeigt: Milliarden-Investitionen sind nötig.
Um die Krankenhäuser in Deutschland krisentauglich zu machen, sind nach einer Studie Milliarden-Investitionen notwendig. Allein um die Kliniken vor Cyberangriffen und Sabotage zu schützen, würden rund 2,7 Milliarden Euro benötigt, heißt es in einem am Dienstag in Berlin vorgestellten Gutachten für die Deutsche Krankenhausgesellschaft.
Für das Szenario des Bündnisfalles, also des militärischen Beistands für einen Nato-Partner mit Versorgung von verletzten Soldaten, beträgt der Investitionsbedarf laut Studie 4,9 Milliarden Euro. Und um für den eigenen Verteidigungsfall gewappnet zu sein, müssten für die Kliniken sogar 14 bis 15 Milliarden Euro aufgewendet werden. Dazu kämen jährliche Betriebskosten in Höhe von 670 Millionen (Cyber/Sabotage), 890 Millionen (Bündnisfall) beziehungsweise 1,1 Milliarden Euro (Verteidigungsfall).
Die veränderte Sicherheitslage in Europa und Deutschland habe weitreichende Auswirkungen auf alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens, auch auf die Krankenhäuser, sagte der Vorstandsvorsitzende der Krankenhausgesellschaft, Gerald Gaß. Er forderte eine nationale Strategie zur Stärkung der Resilienz.
Notwendig sind laut Studie, die vom Institute for Health Care Business und dem Deutschen Krankenhaus Institut erstellt wurde, Vorkehrungen für die bauliche, technische und personelle Resilienz der Krankenhäuser. Dazu gehörten etwa ausreichende Intensivbetten, der Ausbau geschützter Behandlungsräume, eine sichere Energieversorgung, IT- und Kommunikationssicherheit sowie der Schutz der Infrastruktur durch Sicherheitsdienste. Ebenso geht es um ausreichendes Personal und dessen Weiterbildung im Bereich Katastrophenmedizin und Umgang mit Verwundungen durch Chemie- und Atomwaffen, sowie um eine krisenfeste Versorgung mit Medikamenten, Verbandsmaterial und Blutkonserven.
Diese Maßnahmen könnten nicht kurzfristig umgesetzt werden, heißt es in der Studie. Es brauche einen klaren Stufenplan, um bis 2027 wesentliche Fortschritte zu erzielen. “Unsere Analysen zeigen, dass deutsche Krankenhäuser in ihrer derzeitigen Struktur nur eingeschränkt krisen- und verteidigungsfähig sind”, sagt der Vorstand des Deutschen Krankenhaus Instituts, Karl Blum. “In fünf zentralen Bereichen – Personal, Cybersicherheit, physische Sicherheit, Lagerhaltung für medizinische Vorräte und Vorbereitung auf biologische, chemische und nukleare Bedrohungen – bestehen erhebliche Schwächen.” Aktuelle Krankenhausalarm- und Einsatzpläne deckten zwar zivile Katastrophen ab. “Es fehlt aber an Konzepten für militärische Bedrohungen mit klaren Zuständigkeiten und ausreichender Finanzierung”, so Blum.
Kurzfristig müssen laut Studie vor allem die IT- und Kommunikationssicherheit verbessert sowie der direkte Schutz der Krankenhäuser durch Sicherheitsdienste und Objektschutz gewährleistet werden. Langfristig müssten auch bauliche Konzepte mitgedacht werden, etwa der Neubau von Krankenhäusern mit geschützten unterirdischen Operationsbereichen, wie sie beispielsweise in Finnland oder Israel bereits existierten.
Der Geschäftsführer des Institute for Health Care Business, Boris Augurzky, forderte, Resilienz und Sicherheit müssten zu festen Bestandteilen der Krankenhausplanung werden, die aktuell in allen 16 Bundesländern anstehe. Gaß forderte die Politik auf, Prioritäten zu setzen und Gelder aus dem Sondervermögen für Verteidigung für den Gesundheitsbereich zur Verfügung zu stellen. Auch müssten die notwendigen Maßnahmen im Rahmen der Krankenhausreform mitbedacht werden. “Wir brauchen Verlässlichkeit und endlich einen gesamtgesellschaftlichen und finanziell hinterlegten Plan zur Stärkung der Krankenhausresilienz. Das unkontrollierte Krankenhaussterben darf nicht weiter befördert werden”, forderte er.