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Große Freiheit auf der Rentnerbahn – und dann?

Der Eintritt in den Ruhestand ist eine Zäsur. Bisher lebensprägende Strukturen brechen plötzlich weg. Wie es auf neuen Wegen dann gut weitergehen kann, darum geht es im Herbst bei einem Seminar in Schwerte

Übergänge gibt es viele im Leben. Da ist der Übergang von der Geborgenheit des eigenen Zuhauses in den Kindergarten. Ein einschneidendes Erlebnis für viele Kinder, so dass es heute verschiedene Konzepte für die Begleitung gibt, wie etwa das „Berliner Modell“, das die elternbegleitete Eingewöhnung in den Kindergartenalltag unterstützen soll.
Und da ist der Übergang von der Kindheit in die Welt des Erwachsenseins. Wir feiern und begleiten diesen nach wie vor mit der Konfirmation. Da sind auch die Übergänge vom alleinstehenden Menschen zur Zweisamkeit, zur Familie. Die Geburt des Kindes ist ein bedeutender Übergang von der Eigenverantwortung zur Fürsorge für ein neues Leben. Auch der  wird begleitet und gefeiert.
Und da ist der Übergang am Ende des Berufslebens: der Eintritt in Rente oder Pension. Gefeiert wird auch dieser Übergang oftmals. Aber Begleitung? Oft Fehlanzeige. Die meisten Menschen sind allein mit sich und ihren Gedanken zu dieser Veränderung.
Fast anderthalb Millionen Menschen wurden 2015 in den Ruhestand verabschiedet. Rund 275 000 stellten einen Antrag auf „Rente mit 63“, konnten es also kaum erwarten, ihr Rentnerdasein zu beginnen. Häufig steckt dahinter der Wunsch nach mehr Zeit für Dinge, die im Arbeitsleben zu kurz kamen: Reisen, VHS-Kurse, Enkel.
Die wenigsten haben sich vor ihrem Ruhestand so richtig mit der Zeit danach auseinandergesetzt. Die meiste Zeit des Lebens wurde im Beruf verbracht. Man befasste sich mit Zielen, Kollegen oder Führungskräften, bewältigte so manche Herausforderung. Und trotz mancher Zweifel oder der Sehnsucht nach mehr Freizeit, erlebte man im Beruf Struktur, Sicherheit und soziale Anerkennung.
So verwundert es nicht, wenn sich zur Vorfreude auf den Ruhestand auch Verunsicherung, Ängste oder Selbstzweifel gesellen. Wenngleich der von einigen gefürchtete Rentnertod, also das Sterben kurz nach Eintritt in den Ruhestand, wissenschaftlich nicht belegbar ist.
Die Unsicherheit vor dem Ruhestand ist auch in der Männerarbeit der Evangelischen Kirche von Westfalen bekannt. Auch wenn das nicht ausschließlich Männer betreffen dürfte, gibt es in Gesprächen unter ihnen häufiger Stimmen wie die von Klaus Meier: „Ich habe ziemlich Respekt vor der Zeit. Ich habe immer gearbeitet. Wie ich eine Woche ohne Arbeit strukturieren soll und das über Wochen, Monate oder wahrscheinlich Jahre, ist mir ein Rätsel.“
Zudem fragen sich viele – Männer wie Frauen –, welches Ehrenamt man nach dem Berufsleben ausüben könnte. Was passt zu mir? Wenn der Beruf prägend war, und es wenig Zeit für anderes gab, war auch wenig Raum, sich auf die Zeit danach vorzubereiten.
Eine Möglichkeit, dies zu tun, bietet das Institut für Kirche und Gesellschaft mit dem Seminar „Große Freiheit? – In der Rente auf neuen Wegen unterwegs“ vom 13. bis 15. Oktober in der katholischen Akademie in Schwerte. Es richtet sich an Menschen, die vor dem Ruhestand oder der Pension stehen oder in diesen Lebensabschnitt gerade eingetreten sind. In der Gruppe, zu zweit und allein wird zurückgeblickt auf das Berufsleben. Es wird auf den Abschied aus dem Arbeitsleben geschaut, und es wird ein Blick nach vorn gewagt.
Menschen in diesem Alter gehören noch lange nicht zum „alten Eisen“. Gar nichts tun zu müssen, ist für die meisten zunächst eine schöne Sache. Aber das 20 Jahre lang? Denn solange hat jeder Mensch, der in Rente geht, zumindest statistisch noch vor sich. In Schwerte werden im Oktober andere Lösungen gesucht – und hoffentlich auch gefunden.

Kontakt: Sabine Mathiak, Telefon (0 23 04) 7 55-3 42.