Artikel teilen:

Gesetzentwurf: Verbände fordern Umweltschutz statt Bürokratieabbau

Einen massiven Abbau umweltrechtlicher Standards im Alpenschutz sehen zahlreiche Alpen- und Naturschutzverbände sowie Grüne, SPD und ÖDP im geplanten Dritten Modernisierungsgesetz der Bayerischen Staatsregierung. Bei einer von SPD und Grünen organisierten Anhörung forderten sie am Montag eine Rücknahme der betreffenden Paragrafen. Man behalte sich vor, gegen das Gesetz zu klagen, sagte Anna Rasehorn, umweltpolitische Sprecherin der Landtags-SPD. Die CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag betonte dagegen den unverändert hohen Stellenwert des Naturschutzes in Bayern.

Im Fokus der Kritik stehen drei Paragrafen des Gesetzentwurfs, mit denen die Grenzwerte für eine sogenannte Umweltverträglichkeitsprüfung, kurz UVP, bei der Planung von Skipisten, Seilbahnen und Speicherbecken angehoben würden – auch, wenn davon Naturschutzgebiete und Biotope betroffen wären. So soll bei Skipisten eine UVP erst ab 20 statt bisher ab 10 Hektar durchgeführt werden müssen, in besonderen Schutzgebieten bei 10 statt bisher 5 Hektar. Die Verbände forderten stattdessen eine Beibehaltung oder sogar Senkung dieser Grenzwerte – also Umweltverträglichkeitsprüfungen bereits bei kleineren betroffenen Gebieten.

Das geplante Dritte Modernisierungsgesetz, das im Laufe des Sommers vom Landtag beschlossen werden könnte, nehme die Sensibilität des Alpenraumes nicht ernst und stelle wirtschaftliche Einzelinteressen über den Schutz der Lebensgrundlagen, sagte Annemarie Räder vom Bund Naturschutz (BN) Bayern. Die geplanten Änderungen würden dazu führen, dass kaum noch Seilbahnen oder Beschneiungsprojekte durch eine UVP untersucht werden müssten. Die UVP sei jedoch kein bürokratisches Hindernis, sondern ein zentrales Instrument, um Projekte ganzheitlich frühzeitig zu prüfen, Risiken zu erkennen, Alternativen zu entwickeln und Schäden zu vermeiden, sagte Räder. Nur durch eine frühe und transparente Öffentlichkeitsbeteiligung könnten Projekte überhaupt den nötigen Rückhalt in der Bevölkerung bekommen.

Eine UVP biete die dringend benötigten Datengrundlagen, um Projekte beurteilen zu können, sagte Michael Schödl, Gebietsbetreuer beim Landesbund für Vogelschutz (LBV). Durch die betreffenden Paragrafen des geplanten Gesetzes werde zudem die Alpenkonvention verletzt, sagte Christine Busch von der Alpenschutzkommission CIPRA.

Der Vorsitzende des Umweltausschusses, Alexander Flierl (CSU), sprach dagegen in einer Pressemitteilung von „künstlicher Empörung“, die „keinerlei Bezug zur Realität vor Ort“ habe. „Bayerns Natur steht seit Jahrzehnten unter starkem Schutz und daran wird sich mit uns auch nichts ändern.“ Es gehe beim Dritten Modernisierungsgesetz nicht darum, Schutzgebiete abzuschaffen, sondern um den Abbau „unnötiger Bürokratie“. Regeln sollten so gestaltet werden, dass sie für Bürgerinnen und Bürger verständlich und für die Behörden umsetzbar seien – ohne den Umwelt- oder Naturschutz zu schwächen.

Die Staatsregierung und die Regierungsfraktionen hatten es abgelehnt, Alpen- und Naturschutzverbände zu einer Anhörung einzuladen. Deswegen veranstalteten SPD und Grüne auf Vorschlag der SPD am Montag eine gemeinsame Anhörung. Zu Wort kamen neben Vertretern der Grünen, von SPD und ÖDP der Deutsche Alpenverein (DAV), die Alpenschutzkommission CIPRA, der Bund Naturschutz (BN) Bayern, der Landesbund für Vogelschutz (LBV), der bayerische Landesfischereiverband und der Verein zum Schutz der Bergwelt.

Als Bündnis „Rettet die Berge“ hatten Grüne, SPD, ÖDP sowie mehrere Naturschutzverbände bereits am 4. Juni eine Online-Petition gestartet, um den Gesetzentwurf zu stoppen. Die Petition habe bereits 25.000 Unterschriften bekommen, sagte Johannes Becher, Erster stellvertretender Fraktionsvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen im Landtag. (2042/23.06.2025)