Artikel teilen:

Gesegnet, gefahren, versteigert – 130.000 Euro für das Papst-Motorrad

130.000 Euro für Kinder in Madagaskar: Das war das Ergebnis einer sehr ungewöhnlichen Auktion. Denn unter den Hammer kam ein Motorrad, auf dem kein Geringerer als der Papst unterschrieben und Platz genommen hatte.

Der Saal ist hell erleuchtet. Männer in dunklen Anzügen und elegant gekleidete Frauen haben Platz genommen. Einige von ihnen halten diskret eine Bieterkarte mit vierstelliger Nummer in der Hand. Nur langsam verstummen die Gespräche. “Nun ein ganz bemerkenswertes Stück, Los Nummer 109”, ruft der Auktionator auf dem Podium in einwandfreiem Englisch ganz ohne bayerischen Akzent.

Auf der Leinwand hinter ihm erscheint überlebensgroß das Objekt, das versteigert werden soll: ein weißes Motorrad BMW R 18 Transcontinental mit glänzendem Perlmuttlack, handgefertigter Sitzbank und Chromfelgen. Ein Unikat, auf dem Papst Leo XIV. vor kurzem gesessen hat, bevor er es segnete und signierte. “Alle Gegenstände, die wir versteigern, bringen eine Geschichte mit”, betont Marcus Görig vom Auktionshaus Sotheby’s Deutschland: “Und das weiße Papst-Motorrad hat eine ganz besondere.”

Hier verbinde sich der katholische Glauben mit der Leidenschaft fürs Motorrad-Fahren – ergänzt um einen durchaus “skurrilen Charakter”. Denn wer würde schon den Papst mit einem Motorrad in Verbindung bringen?

Gebaut wurde die Maschine von den “Jesus-Bikern”, einer christlichen Motorradgemeinschaft, und der Firma Motorrad Witzel aus dem unterfränkischen Sennfeld bei Schweinfurt. Eine einzigartige Anfertigung mit edler Lackierung, roten Fußrasten und einer schneeweißen Sitzbank, die das Wappen des Vatikans ziert. Auf der Topbox prangt das Wort “Frieden” in mehr als zwanzig Sprachen.

Im August brachen die Biker und eine große Fan-Gemeinde mit dem außergewöhnlichen Zweirad vom hessischen Schaafheim zu einem “Peace Ride” nach Rom auf. Bei Zwischenstationen in Deutschland, Österreich und Italien sammelten sie Friedens-Botschaften für den Papst. Im Rahmen einer Audienz wurden diese Anfang September übergeben; Leo XIV segnete das symbolträchtige Fahrzeug und setzte seine Unterschrift auf den Tank.

“80.000 Euro – das letzte Gebot! 100.000! Gibt es ein weiteres Gebot?”, ruft der Auktionator. Die Versteigerung ist in vollem Gange, es geht Schlag auf Schlag. Hin und wieder wird im Publikum eine Bietertafel in die Höhe gehalten. Oft wandert der Blick des Auktionators aber auch zu dem langgezogenen Podium zu seiner linken, wo Mitarbeiter mit Laptops und Handys die Telefon- und Onlinegebote entgegennehmen. Dabei gleicht der Auktionator einem Dirigenten vor den Musikern seines Orchesters.

“Es war das absolute Highlight, als sich Papst Leo nach dem Segen auf dem Motorrad niederließ”, erzählt Claus Dempewolf, einer der “Jesus-Biker” und Mitorganisator des Projekts. Damit habe wirklich niemand gerechnet. Der Heilige Vater auf der schweren Maschine – im seitlichen Damensitz, eine Hand am Gashebel! Das außergewöhnliche Motiv ging um die Welt und hat laut Görig schon im Vorfeld der Versteigerung für unerwartet großes Interesse gesorgt.

Zur Attraktivität des Projekts trage außerdem bei, dass es der Wohltätigkeit dient: Der gesamte Erlös der Versteigerung fließt über missio Österreich an Hilfsprojekte für Kinder in Madagaskar – für Bildung, medizinische Versorgung und sauberes Trinkwasser.

“130.000 Euro! 130.000 – gibt es ein weiteres Gebot?”, schallt die Stimme des Auktionators durch den Raum. Gespannte Stille – dann: “Kein weiteres Gebot? 130.000 – Zum Ersten…, zum Zweiten…, zum Dritten!” Ein kurzer, kräftiger Schlag mit dem hölzernen Hammer aufs Podest. Das Motorrad ist versteigert!

Bei den “Jesus-Bikern”, die im hinteren Teil des Saales stehend das Geschehen mitverfolgt haben, setzt grölender Jubel ein. Und groß ist die Überraschung, als sie feststellen, dass sie den Mann im Raum, der die Transcontinental ersteigert hat, bereits kennen. Es ist Helmut Volz aus dem unterfränkischen Leidersbach , der den “Peace-Ride” als Sanitäter des Roten Kreuzes, Kreisverband Miltenberg-Obernburg, begleitet hat.

“Es war mir ein Herzensanliegen, dass dieses Motorrad einen möglichst hohen Preis erzielt”, sagt er sichtlich gerührt, der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Auch wenn er – ehrlich gesagt – noch nicht wisse, was er mit der Maschine vorhabe. Fürs Spazierenfahren sei das wertvolle Sammlerstück schließlich nicht geeignet. Aber vielleicht, so Claus Dempewolf, könnten die Biker bei künftigen Aktionen mit Volz zusammenarbeiten. “Unsere nächsten Projekte werden aber mit Sicherheit nicht diese Dimension haben”, schiebt der gläubige Motorradfan noch schnell hinterher.