Im Jahr 2007 holte das jüdische Museum Franken in Fürth ein Denkmal der Stadt von seinem Sockel. Es zeigte in einer Ausstellung, dass der Fürther Unternehmer Gustav Schickedanz (1895-1977), der Gründer des Quelle-Versandhauses, in der Zeit des Nationalsozialismus ein Günstling der Gauleitung war. Deshalb konnte er enteignete jüdische Firmen günstig übernehmen. Der Werbeaufsteller für Camelia-Damenbinden in einer neuen Sonderschau des Museums symbolisiert: Auf diese Weise kam Schickedanz auch an die „Vereinigten Papierwerke Heroldsberg“ der Brüder Rosenfelder, die die Patente für Camelia-Binden und Tempotaschentücher hatten.
„Von Raub, Restitution und Mythen der Toleranz – Shitstorm. Meinungsstreit im Museum“ ist die Sonderausstellung zum 25-jährigen Bestehen der Einrichtung überschrieben, die nächsten Dienstag (24. Juni) ihre Türen öffnet. Sie erinnert an Debatten, die zurückliegende Ausstellungen in der Stadtgesellschaft und darüber hinaus ausgelöst haben. Aufreger war unter anderem 2007 eine Schau, die die bisher beschriebene „besondere Fürther Toleranz“ gegenüber Juden kritisch beleuchtete. „Wir wollten den Leuten damit nicht verbieten, weiterhin vom Fürth als fränkischem Jerusalem zu sprechen“, erklärt die Leiterin des Museums, Daniela Eisenstein. Man habe aber die romantisierende Bezeichnung hinterfragen und zeigen wollen, dass es in der Geschichte der Juden auch in Fürth vor und nach der Zeit des Nationalsozialismus Schatten gab.
Romantisierend ist auch manche Erzählung, mit der nichtjüdische Familien dem Museum bis heute Objekte aus jüdischen Haushalten übergeben. Wer die früheren Besitzer waren, lasse sich meist nicht mehr rekonstruieren, sagt Eisenstein, es sei aber interessant, „dass die Schenkungen immer mit Legenden der Wohltätigkeit einhergehen und damit in Dissonanz zu dem stehen, was den Juden in der NS-Zeit geschah“.
Die Besitzer des Ölgemäldes „Die kleine Dame“ des Künstlers Hermann Kaulbach (1846 -1909) dagegen sind bekannt. Die Nachfahren der Fürther Bankiers-Eheleute Rosy und Max Nathan, die ihre Tochter Thea Irene im Jahr 1907 von dem bekannten Maler porträtieren ließen. Die Familie wanderte 1939 über England in die USA aus, der Schiffcontainer, mit Teilen des Hab und Guts ging verloren. Heute weiß man, dass er beschlagnahmt wurde. Nun will das Jüdische Museum mit einer großen Suchaktion herausfinden, wo das Bild ist. Man werde an alle bekannten Kunstgalerien Flyer schicken und eine Anzeige in einer überregionalen Tageszeitung aufgeben, kündigte Eisenstein an.
Das Gemälde war zuletzt 1976 bei einer Auktion aufgetaucht, dann aber wieder mit einem unbekannten Käufer verschwunden. Eine Suchanzeige in der internationales „Lost Art“-Datenbank habe bisher kein Ergebnis gebracht. In der neuen Sonderausstellung in Fürth ist die Skizze des Bilds zu sehen, die Kaulbach seinem Modell 1907 geschenkt hatte.
Ein frühes Beispiel eines zurückgegebenen Kunstschatzes ist dagegen das reich verzierte vergoldete Tora-Schild, das einmal der in Auschwitz ermordeten Gunzenhausener jüdischen Familie Dottenheimer gehört hat. Lange Zeit glaubte die Stadt Fürth, sie sei Eigentümerin des Tora-Schilds. Doch Recherchen ergaben, dass es den Nachfahren des einzigen überlebenden Nachfahren der Familie übergeben werden sollte. „Das war 2001 einer der ersten Fälle, in dem ein Kunstwerk an eine private Person restituiert wurde“, sagte Eisenstein. (1992/19.06.2025)