Nach einer Debatte um die Verleihung des diesjährigen Peter-Weiss-Preises der Stadt Bochum wird die als Gewinnerin benannte Schriftstellerin Sharon Dodua Otoo den Preis nicht annehmen. Die Jury des Preises entschied sich am Freitag in einer Sitzung, an der auch Otoo teilnahm, das Preisgeld in Höhe von 15.000 Euro stattdessen an die gemeinnützige Initiative „Gesellschaft im Wandel“ zu spenden, wie die Stadtverwaltung mitteilte. Die Initiative macht sich für den Dialog zum Thema Nahost-Konflikt in Schulen stark.
Hintergrund ist, dass die deutsch-britische Schriftstellerin vor etwa acht Jahren eine Petition der „Artists for Palestine UK“ unterzeichnet hatte. Die Organisation gilt als Teil der israelkritischen Bewegung „BDS“ (Boycott, Divestment, Sanctions). Die Argumentationsmuster und Methoden der Bewegung werden immer wieder kritisiert, 2019 stufte sie der Bundestag als antisemitisch ein.
Otoo hatte sich nach Bekanntwerden des Sachverhalts in einem Brief von der Unterstützung der Organisation distanziert und zudem erklärt, sie werde den Peter-Weiss-Preis nicht annehmen. Zugleich regte sie an, die Auszeichnung 2023 auszusetzen und das Preisgeld an eine gemeinnützige Organisation zu stiften. Diesem Vorschlag folgte jetzt auch die Jury.
Man respektiere Otoos Anliegen, der „drohenden gesellschaftlichen Spaltung einen versöhnlichen Vorschlag entgegenzubringen“, erklärte die Jury. Angesichts „ihrer glaubwürdigen und authentischen Erklärung“ stellte die Jury zudem fest, „dass Sharon Dodua Otoo nach wie vor eine würdige Trägerin des Peter-Weiss-Preises wäre“. Die Auszeichnung würdige ja das „Ineinandergreifen von künstlerischem und gesellschaftlichem Engagement“.
Die Schriftstellerin hatte in ihrem Schreiben erklärt, Antisemitismus in Deutschland könne nur gemeinsam bekämpft werden. In ihrer künstlerischen, kuratorischen und aktivistischen Arbeit gehe es ihr vor allem darum, „Worte zu finden, das Gespräch zu suchen, im Dialog zu bleiben, manchmal mit Pausen, aber immer auf respektvolle Art und Weise“.
Die deutsch-britische Schriftstellerin Otoo lebt in Berlin und wurde bereits mehrfach ausgezeichnet – so 2016 mit dem Ingeborg-Bachmann-Preis und 2022 mit dem Verdienstorden des Landes Berlin. Ihr Debütroman „Adas Raum“ erschien 2021.
Die Auszeichnung der Stadt Bochum ist nach dem Autor, Dramatiker, Maler und Filmemacher Peter Weiss benannt. Sie wird seit 1990 alle zwei Jahre an eine Persönlichkeit aus einer der Sparten Literatur, Theater, bildende Kunst und Film vergeben.