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Gekommen, um das Gesetz zu erfüllen

Bibelverständnis, UK 28/2018 (Seite 2: „Gottes Worte“) und UK 31/2018 (Leserbrief Seite 14 „Neue Dimension des Heils für alle Menschen“)
Wenn der Autor des Leserbriefs das Neue Testament als „Beginn eines völlig neuen Weges Gottes mit der gesamten Menschheit“ versteht, dann impliziert dies unter anderem eine Höherbewertung des Neuen Testaments (NT). Das NT wird gleichsam nur aus sich heraus gelesen.
Genau dies ist nicht sachgerecht, dann das Alte Testament ist längst „als Wahrheitsraum des Neuen“ (Frank Crüsemann, 2011) erkannt und aufgezeigt worden. Jeder unvoreingenommene Blick in welche Bibelübersetzung auch immer zeigt eine Grundtatsache: Das Alte Testament ist für das Neue in ungezählten Einzelheiten wie auch in grundsätzlichen Aussagen der Referenzrahmen, eben „die Schrift“ (he graphé). Der den Emmaus-Jüngern erscheinende Jesus liefert höchstselbst das Zeugnis unlöslicher Verbundenheit, wenn der Evangelist ihn sagen lässt: „Es muss alles erfüllt werden, was von mir geschrieben steht im Gesetz des Mose und in den Propheten und Psalmen“ (Lukas 24, 44). – Soviel zum Grundsätzlichen.
Ich bleibe bei Jesus, der in der Sprache des Evangelisten Matthäus klarstellt: „Ihr sollt nicht meinen, dass ich gekommen bin, das Gesetz und die Propheten aufzulösen; ich bin nicht gekommen auszulösen, sondern zu erfüllen“ (Matthäus 5, 17). – Kann Kontinuität zu den heiligen Schriften Israels noch deutlicher zum Ausdruck gebracht werden?
Was dieser Befund textueller Bezogenheit beider Testamente der Bibel für Theologie und Kirche bedeutet, ist künftig stärker zu berücksichtigen – bis hin zu Zuordnung und Bewertung von „Heil“.

Dr. theol. Dieter Burkert, Dortmund