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Gedenkort soll Gedenken an Morde und moderne Ethikfragen verbinden

Das gesamte Gelände der ehemaligen Heil- und Pflegeanstalt Erlangen soll in Zukunft ein Gedenk- und Lernort sein, der an die Opfer der NS-Euthanasie erinnert. Die Friedrich-Alexander-Universität (FAU) stellte am Donnerstagabend eine Machbarkeitsstudie für einen solchen Gedenkort vor, teilte die FAU mit. Das Konzept unter dem Motto „Gedenken, Lernen, Leben“ setze auf Interaktion und wolle das Gedenken im Alltag präsent halten. Knapp 45 Millionen Euro würde das Projekt bis Anfang 2030 kosten, hieß es.

Den Plan legte eine Steuerungsgruppe aus Expertinnen und Experten der FAU, der Stadt und der Uniklinik mit einem Agenturbüro vor. Ihr Leiter, der Rechtsprofessor Christoph Safferling, nannte den Vorschlag, einen Gedenk- und Lernort zu gestalten, einzigartig. Vor dem Hintergrund der Medizinverbrechen während des Nationalsozialismus wolle man aktuelle Fragen der Lebenswirklichkeit, der Medizinethik und der Gesellschaft diskutieren. Leitfragen seien der Umgang mit Behinderung in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, aber auch die Diskriminierung von Menschen aufgrund einer Behinderung.

„Eine lebendige Erinnerungskultur ist nicht nur eine Mahnung aus der Vergangenheit, sondern auch ein unmissverständlicher Appell für Gegenwart und Zukunft“, sagte der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) bei der Vorstellung: „Sie zeigen uns, wie kostbar unser freiheitliches Leben ist.“ Erlangens Oberbürgermeister Florian Janik (SPD) stellte fest, die Machbarkeitsstudie sei ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Schaffung eines Gedenk- und Lernortes. Der nächste sei die Gründung einer Stiftung. Ohne die finanzielle Unterstützung von Bund und Land könne aber das Projekt nicht gelingen.

Im Gedenk- und Lernort sollen die Besucherinnen und Besucher des Geländes laut Konzept auf Spurensuche gehen können. Das Außengelände solle eine Art „Gedenkparcours“ mit einem „Pfad der Behindertenrechte“, einem inklusiven Café und verschiedenen Installationen werden. Am Gebäude Schwabachanlage 10 werde es einen Anbau geben, in dem unter anderem ein „lebendes Archiv“ an Patienten erinnert, die ermordet wurden. Es werde auch eine Anlaufstelle für Menschen gehören, die zu Angehörigen forschen wollen.

Aus der Heil- und Pflegeanstalt in Erlangen wurden im Mordprogramm T4 der Nationalsozialisten 908 Opfer in Tötungsanstalten mit Kohlenmonoxid vergast. Weitere Menschen starben noch nach der Beendigung von T4, viele am Nahrungsentzug, verordnet durch den bayerischen „Hungerkosterlass“. (00/xxxx/10.01.2025)