BAD LIPPSPRINGE – Das ist für Antje Lütkemeier ein ernsthaftes Anliegen, „ihr Ding“, wie sie sagt: Dass die Kirche nicht nur dahin geht, wo sie immer schon war, sondern neue Orte aufsucht – und neue Menschen. Auch solche, die nicht an Jesus Christus glauben, die andere Götter haben oder andere Vorstellungen von Gott, von Erlösung und den letzten Dingen.
Die 50-Jährige ist Beauftragte des Kirchenkreises Paderborn für den interreligiösen Dialog und seit 18 Jahren Pfarrerin in Bad Lippspringe – in der Gemeinde, die schon eine lange Geschichte hat in Sachen interreligiöser Begegnungen.
Jährliches „Gebet der Ökumene“ im Kurpark
Seit 15 Jahren gibt es einmal jährlich im Kurpark das interreligiöse „Gebet der Ökumene“, viermal im Jahr treffen sich Vertreterinnen und Vertreter verschiedener Religionsgemeinschaften im Kirchenkreis am runden Tisch zu Begegnung und theologischem Austausch. Die gesellschaftliche Realität sei ja, so Antje Lütkemeier, dass sich die Kirche mit anderen Sinnangeboten messen lasse müsse. Da sei es doch ein gutes Statement zu sagen: Wir sind gemeinsam unterwegs.
Nun steht für alle eine besondere Herausforderung an: Vom 12. April bis 15. Oktober 2017 lädt Bad Lippspringe zur Landesgartenschau ein. Mit dabei sind die Religionsgemeinschaften der Region. Dafür planen sie zur Zeit ihren „GlaubensGarten“ – einen Ort der „Glaubensarten“, der Information, der Diskussion und des geistlichen Lebens. Die Federführung des gemeinsamen Initiativkreises hat Lütkemeier übernommen. An ihrer Seite der evangelische Kollege Detlev Schuchardt und der katholische Kollege Georg Kersting. Mit dabei sind auch die Syrisch-Orthodoxe und die Neuapostolische Kirche.
Von den nicht-christlichen Religionen beteiligen sich die örtliche türkische Moscheegemeinde, die jüdische Kultusgemeinde Paderborn, Buddhisten, Hindus und mit Sikhs auch eine aus Indien stammende monotheistische Religionsgemeinschaft, die sowohl vom Islam wie auch vom Hinduismus geprägt ist.
Dem Projekt Glaubensgarten verbunden ist Lütkemeier zufolge mit Modjgan Bidardel und anderen besonders auch die örtliche Bahá‘í-Gemeinde. Was nicht wundert, schließlich sind die Bahá‘í eine Religionsgemeinschaft, die sich der Gleichheit aller Menschen, der allgemeinen Menschenliebe und dem Weltfrieden verpflichtet sieht.
500 000 Besucherinnen und Besucher erwarten die Veranstalter in den 180 Tagen der Landesgartenschau, Menschen, die sich ansprechen lassen wollen von der Blütenpracht der Gärten, aber auch, so hofft Lütkemeier, von den Angeboten des etwa 600 Quadratmeter großen Glaubensgartens. Im Zentrum des Gartens, dessen sternförmig angelegte Wege die Religionen verbinden, soll ein etwa 100 Quadratmeter großer Pavillon stehen, der Raum bietet für verschiedene Veranstaltungen – etwa für Andachten, Gottesdienste, Vorträge oder Konzerte.
Für all das braucht es viel Unterstützung: Darum freut sich Antje Lütkemeier über das hohe ehrenamtliche Engagement aus allen beteiligten Religionsgemeinschaften. Allein 60 Menschen kamen Mitte März zum „Workshop Glaubensgarten“ in Bad Lippspringe. Mitgebracht hatten sie: gute Ideen und die Bereitschaft mitanzupacken. Zum Beispiel bei Arbeiten am Computer, bei der Betreuung der Besucher während der Landesgartenschau oder der Gartenpflege. Eine Teilnehmerin, so Antje Lütkemeier, habe explizit gesagt, dass sie keiner Religionsgemeinschaft angehöre, das Projekt aber so gut finde, dass sie gerne mit dabei sein wolle.
Für die Verwirklichung des Projekts Glaubensgarten aber braucht es nicht nur tätige Hilfe, es braucht auch Geld – geschätzt etwa 200 000 Euro. Den größten Batzen stellen der Evangelische Kirchenkreis Paderborn als Rechtsträger des Glaubensgartens mit 94 000 Euro und das Generalvikariat Paderborn mit 50 000 Euro zur Verfügung. Auch bei der westfälischen Landekirche sind Mittel beantragt, eine Zusage gibt es allerdings bislang nicht. Dazu kommen Fördergelder aus den anderen beteiligten Religionsgemeinschaften.
Auch der Initiativkreis Glaubensgarten ist selbst aktiv geworden. Er hat immerhin etwa 30 000 Euro an Spenden eingeworben, Gelder, die bereits eingegangen sind oder fest zugesagt wurden.
Besonders dankbar ist Antje Lütkemeier dafür, dass der Bauarchitekt seine bisherigen Planungsarbeiten für den Pavillon ohne Berechnung erbracht hat. Der Landschaftsarchitekt arbeitet komplett kostenlos. Freudig überrascht hat die Pfarrerin auch das „unglaubliche“ Ergebnis der Charity-Gala im Februar vergangenen Jahres, bei der dank des großen ehrenamtlichen Einsatzes 12 000 Euro zusammenkamen.
Auch wenn noch etliche Aufgaben warten – der Verlauf der Vorbereitungen stimmt Antje Lütkemeier optimistisch, dass im kommenden Jahr alles gutgeht – sowohl die Finanzierung wie auch die praktische Durchführung.
Erklärtes Ziel des Glaubensgartens ist es, Menschen verschiedener Religionen zusammenzuführen, damit sie sich kennenlernen und voneinander lernen. Auf Ortsebene, in Bad Lippspringe, ist das offenbar schon jetzt gelungen.