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Für eine enkeltaugliche Welt

Wer sein Geld zur Bank bringen will, muss derzeit mit niedrigen Erträgen rechnen. Doch manche Anleger sehen mehr als gute Renditen: Sie möchten ihr Geld ethisch korrekt anlegen

kagemusha - Fotolia

Was tun, wenn man mehr Geld zur Verfügung hat, als zum aktuellen Lebensunterhalt nötig ist? In der Regel spart man es und legt es an – für eine größere Anschaffung, für die Altersvorsorge oder um den Kindern etwas zu vererben. Die meisten Sparerinnen und Sparer haben dabei selbst in Zeiten des Niedrigzinses das Ziel: Ihr Geld soll möglichst gewinnbringend für sie „arbeiten“ und gute Rendite bringen.

Die Bibel warnt vor Geldgier

Dabei warnt die Bibel davor, sich einseitig an Besitz und Geld zu orientieren und der Vermehrung des eigenen Kapitals oberste Priorität einzuräumen: „Ihr könnt nicht beiden dienen, Gott und dem Mammon“ (Mt 6,24). Dennoch besteht eine Möglichkeit, diesen Widerspruch aufzulösen: „Ethisches Investment“ heißt das Zauberwort. Ziel ist es, mit gutem Gewissen Rendite zu erzielen, denn damit wird auch nachhaltige Entwicklung gefördert.
Patrick Depner, Anlageberater für ethisches Investment bei einer Raiffeisen Genossenschaftsbank, beobachtet ein rasant steigendes Interesse an der nachhaltigen Geldanlage, die ökonomische, ökologische und soziale Gesichtspunkte vereint. Denn Kundinnen und Kunden wollen wissen, was ihre Bank oder Sparkasse mit ihrem Geld macht; was und wie die Firmen produzieren, von denen sie Aktien kaufen. Sie fragen nicht mehr nur nach dem Ertrag, sondern interessieren sich auch dafür, ob die Gewinne sozial-, natur- und kulturverträglich erwirtschaftet werden. Sie wollen mit ethischem Investment umweltfreundliche und menschenfreundliche Technologien und Entwicklung fördern, statt lebensfeindliche Großtechnologien oder Rüstung zu finanzieren.
Schon die Methodisten im 18. Jahrhundert und die Quäker Anfang des 20. Jahrhunderts hatten Ausschlusskriterien für ihre Geldanlage: keine Waffengeschäfte, kein Glücksspiel und nichts, was Sucht fördert. Heute haben sich die Ansprüche an ethische Geldanlagen weiterentwickelt. So wird etwa gefragt, ob Firmen in Atomkraft oder regenerative Energie investieren, ob sie Kinderzwangsarbeit dulden, ob gerechte Löhne gezahlt und Menschenrechte beachtet werden und ob umweltverträglich produziert wird.
Die ersten ökologieorientierten Anlageprodukte wurden in der Bundesrepublik von der 1974 gegründeten GLS Gemeinschaftsbank und der 1988 gegründeten Ökobank angeboten. Mit für den damaligen Zeitpunkt bewusst niedrigen Renditen von höchstens 2 Prozent arbeitet bis heute auch die auf Anregung des Weltkirchenrates gegründete Ökumenische Entwicklungsgenossenschaft Oikocredit. Seit ihrer Gründung im Jahre 1974 vergibt die „unmögliche Bank“, wie sie anfangs von Branchenkennern skeptisch genannt wurde, Kleinkredite an Genossenschaften in der Dritten Welt, die auf dem normalen Finanzmarkt keine Chance hätten. Vor allem genossenschaftlich organisierte Frauen kommen in den Genuss der Kredite. Sie schaffen Arbeitsplätze und sind nicht länger von Almosen und Spenden abhängig.
Die Bank für Kirche und Diakonie (KD-Bank) mit Sitz in Dortmund und Düsseldorf praktiziert das bereits seit einigen Jahren: Sie berät ihre Kunden dabei, wie sie ihr Geld sozial- und umweltverträglich anlegen können. Für die Anlagen des bankeigenen Kapitals hat die Genossenschafts-Bank einen sogenannten Nachhaltigkeitsfilter entwickelt, der Investitionen in bestimmte Bereiche ausschließt – etwa Rüstung oder grüne Gentechnik. Auch bestimmte Staaten sind tabu. Angelegt wird dagegen dort, wo ethische Kriterien besonders berücksichtigt werden.
Antje Schneeweiß, wissenschaftliche Mitarbeiterin bei der christlichen entwicklungspolitischen Bildungsagentur Südwind, ist überzeugt, dass im Geld von Sparern ein Machtpotenzial für mehr Gerechtigkeit, eine enkeltaugliche und friedlichere Welt steckt, wenn es gezielt nach ethischen Kriterien angelegt würde. Schließlich verfügen private Anleger in Deutschland über rund 1,95 Billionen Euro an Barmitteln und Einlagen. „Man stelle sich nur einen Augenblick vor, alle Geldanlagen würden nicht nur nach finanziellen, sondern auch nach sozialen, ethischen und ökologischen Kriterien angelegt“, meint sie.
Anders als viele Anleger annehmen, ist ethisches Investment keineswegs generell mit weniger Rendite verbunden: Studien von oekom research oder der Stanley Morgan Bank kommen zu dem Ergebnis, dass gerade Investitionen in Unternehmen mit hohen Nachhaltigkeitsstandards langfristig gute Erträge erzielen. „Man verliert als Anleger kein Geld. Nachhaltige Aktienfonds entwickeln sich gut“, weiß auch Experte Patrick Depner. Der Markt bietet nach seiner Erfahrung Lösungen, mit denen sich Gewinn, Sicherheit, Verfügbarkeit und eine Anlage, die ökonomische, ökologische und sozial-ethische Kriterien verbindet, vereinbaren lassen. Als „goldene Regel“ empfiehlt er allerdings auch hier: „Nie alle Eier in einen Korb legen“.

Keine Garantie für volle Nachhaltigkeit

Weil viele Berater am liebsten firmeneigene Fonds empfehlen, ist es gut, sich in Fachzeitschriften oder im Internet vorab selbst zu informieren. Beim Beratungsgespräch sollte es dann auch darum gehen, als wie risikofreudig ein Anleger sich selbst einschätzt und wofür er wann welches Geld verfügbar haben will, so Patrick Depner. „Allerdings“, so gesteht er zu, „kann niemand hundertprozentige Nachhaltigkeit garantieren“. Denn auch die Vermittler und Anbieter nachhaltiger Aktienfonds sind weitgehend auf Auskünfte der Firmen und Konzerne angewiesen.
Kunden, die den in Verruf geratenen Großbanken ihr Geld nicht anvertrauen wollen, wechseln häufig zu Genossenschaftsbanken und Sparkassen. Denn diese sind gesetzlich dem Gemeinwohl verpflichtet, arbeiten vorwiegend in der Region und stellen sich zunehmend mit soliden Angeboten auf die Nachfrage nach ethischem Investment ein.

Weitere Informationen: www.suedwind-institut.de; www.ecoreporter.de; www.forum-ng.de; www.oekotest.de; www.oekom-research.com.