Wissenschaftler der Universität Siegen wollen eine App entwickeln, die mit Unterstützung von KI Wisente individuell erkennen kann. Ein einfaches Foto solle ausreichen, um mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz Alter, Geschlecht oder genetische Merkmale eines Tieres abzurufen, teilte die Hochschule am Montag mit. Auf diese Weise könnten Krankheiten frühzeitig erkannt, Konflikte zwischen Mensch und Tier besser vermieden und die genetische Vielfalt von Herden gesichert werden.
Die App könnte das Herdenmanagement sowie Verhaltensbeobachtungen „auf ein ganz neues Niveau heben und so einen bedeutenden Beitrag zum Artenschutz leisten“, erklärte die Verhaltensbiologin Klaudia Witte. Die Forschenden sammeln demnach zunächst Bildmaterial von Wisenten in verschiedenen Projekten. Daraus sollten typische Unterscheidungsmerkmale der Tiere identifiziert werden, um die Künstliche Intelligenz auf diese Daten zu trainieren. Dafür würden große Datensätze benötigt, hieß es. Anschließend folge ein „Fine Tuning“, damit die KI tatsächlich einzelne Wisente identifizieren könne.
Das System müsse lernen, Tiere selbst auf große Entfernung, bei Schnee, Regen oder dichter Vegetation zu erkennen – auch ohne stabile Internetverbindung, erklärte die Universität. Bei der Entwicklung wollten die Forschenden von Anfang an potenzielle Nutzerinnen und Nutzer der App beteiligen, zum Beispiel Ranger, Naturschützerinnen, Waldbauern und Vertreter von Wisent-Projekten.
In Zukunft könnte die App demnach auch auf andere Tierarten ausgeweitet werden. So könnte sie etwa in der Landwirtschaft das Management großer Schaf- und Kuhherden unterstützen, die im Sommer auf Almen leben. Laut den Wissenschaftlern wäre es auch denkbar, Zoos mit der Anwendung auszustatten, damit Besucherinnen und Besucher gezielt Informationen über einzelne Tiere abrufen könnten.
An dem bis Juni 2028 laufenden Forschungsprojekt sind vier Lehrstühle der Universität Siegen beteiligt. Es wird von der Europäischen Union und dem Land Nordrhein-Westfalen mit rund 1,5 Millionen Euro gefördert.