Im rheinland-pfälzischen Landtag hat sich der AfD-Fraktionsvorsitzende Jan Bollinger mit den Abgeordneten der anderen Fraktionen eine hitzige Debatte über den jüngsten Verfassungsschutzbericht geliefert. Der Bericht zeige, wie nahe die „Verästelungen“ der rechtsextremen Szene bereits an das Parlament heranreichten, sagte SPD-Fraktionschefin Sabine Bätzing-Lichtenthäler am Mittwoch in Mainz in einer von ihrer Fraktion beantragten Aktuellen Debatte. Auch ein am Vortag bekanntgewordener Bericht über Gelder der AfD-Fraktion in Höhe von fast 250.000 Euro, die laut Landesrechnungshof für die Parteiarbeit zweckentfremdet worden seien, belege eine „neue Form der Gewissenslosigkeit der AfD gegenüber unserer Verfassung und unseren Gesetzen“.
Der Verfassungsschutz, der die Partei seit einigen Jahren beobachtet, ihre Mitglieder aber bislang nicht dem rechtsextremen Personenspektrum zuordnet, erwähnt in seinem Jahresbericht unter anderem Versuche der AfD, Treffpunkte der rechten Szene zu etablieren. So sei in einem Gewerbegebiet von Ingelheim eine Ersatzimmobilie für das nach massivem öffentlichen Druck in Mainz geschlossene „Zentrum Rheinhessen“ gefunden worden. Auch das „Quartier Kirschstein“ in Koblenz, wo sich das Wahlkreisbüro des AfD-Landtagsabgeordneten Joachim Paul befindet, habe sich zu einer Begegnungsstätte der rechten Szene entwickelt. „Tatsache ist, dass sich die AfD immer mehr mit rechtsextremen Akteuren vernetzt“, sagte Innenminister Michael Ebling (SPD) in der Landtagssitzung,
Der Landesrechnungshof hatte unter anderem den Druck der Fraktionszeitung „Blauer Max“ angeprangert, bei der es sich um Parteienwerbung gehandelt habe. Auch andere Landtagsfraktionen waren wegen fehlender Trennung von Fraktions- und Parteiarbeit kritisiert worden, allerdings entfiel der Löwenanteil der beanstandeten Beträge auf die AfD, die zudem die beanstandeten Posten bislang überwiegend nicht zurückerstattete.
Der AfD-Politiker Bollinger bezeichnete den Verfassungsschutzbericht als „politisches Manifest“ zur Bekämpfung der Opposition. Kontakte zu Extremisten würden darin lediglich behauptet, aber nicht belegt. Stattdessen werde jede Kritik an der Regierung in die Nähe von Extremismus gerückt. Der Inlandsgeheimdienst fungiere immer mehr wie ein „regierungstreuer Meinungsverstärker“, statt das System der Bundesrepublik vor Terrorismus und Umsturzversuchen zu schützen. Zum Rechnungshofbericht äußerte Bollinger sich in der Debatte nicht.
Zuvor hatte sich der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD) bei der Landespressekonferenz zurückhaltend über ein mögliches AfD-Verbotsverfahren geäußert. „Ich bin nicht dafür, das Instrument politisch vom Tisch zu nehmen“, sagte er zwar. Denn während rechtspopulistische Parteien in anderen Staaten Europas sich zuletzt in Richtung der politischen Mitte entwickelt hätten, gehe es bei der AfD „eher in die andere Richtung“. Allerdings sei es für ein erfolgreiches Verbotsverfahren nicht ausreichend, dass Politiker oder eine große Zahl von Bürgern sich ein Verbot der AfD wünschten.