Mit scharfer Kritik hat der Flüchtlingsrat Niedersachsen auf die Ankündigung der Landesregierung reagiert, in der Landesaufnahmebehörde in Braunschweig eine „Ausreiseeinrichtung“ für Geflüchtete zu schaffen. Dies hatte das SPD-geführte Innenministerium Ende Juli verfügt. Dort sollen dem entsprechenden Erlass zufolge ausreisepflichtige Personen untergebracht werden, „die den Vollzug ihrer Abschiebung schuldhaft zum Scheitern gebracht haben“ und bei denen ein Antrag auf Abschiebungshaft oder Ausreisegewahrsam nicht erfolgreich war.
„Die Wiedereinführung einer Politik der Drangsalierung und Zermürbung von abgelehnten Flüchtlingen wird von uns vehement abgelehnt“, erklärte die Vorsitzende des Flüchtlingsrats, Claire Deery. Für freiheitsentziehende Maßnahmen gebe es das Instrument der Abschiebungshaft. Wenn Gründe für eine Inhaftierung nicht gegeben seien, lägen auch keine rechtfertigenden Gründe für eine „Zwangseinweisung in Ausreisezentren“ vor.
Dem Erlass zufolge können erwachsene Personen in einer Ausreiseeinrichtung untergebracht werden, wenn eine Person „durch aktiven oder passiven Widerstand oder durch Untertauchen“ das Scheitern der Abschiebung zu vertreten hat. Ihnen kann dann eine Wohnsitzauflage für die Einrichtung erteilt werden.
Eine Ausreiseeinrichtung sei eine offene Einrichtung, heißt es. Die Unterbringung besitze keinen freiheitsbeschränkenden Charakter. Es gehe darum, „eine höhere Erreichbarkeit des Ausländers für die Durchführung der Abschiebung“ sicherzustellen, unter anderem durch eine elektronische Erfassung der Anwesenheit. Zudem könnten Betroffene verpflichtet werden, ihre geplante Abwesenheit innerhalb eines festgelegten Zeitraums und unter Angabe des Ortes rechtzeitig anzuzeigen.
Der Flüchtlingsrat verwies darauf, dass in Niedersachsen bereits vor 2013 Asylsuchende in „Ausreisezentren“ untergebracht wurden. Zu den Betroffenen habe damals der syrische Flüchtling Hussein Daoud gehört. Ihm habe die Landesregierung mangelnde Mitwirkung bei seiner Abschiebung vorgeworfen und zu einem Leben im Ausreisezentrum verpflichtet, bis er im Jahr 2000 nach Syrien abgeschoben wurde. Dort sei er nach Folter und Misshandlung zu einer zweijährigen Haftstrafe verurteilt worden.
Der Fall zeigt dem Flüchtlingsrat zufolge, dass die Angst vor einer Abschiebung bei manchen Geflüchteten durchaus begründet sei, auch wenn ihr Asylantrag abgelehnt wurde: „Wer sich nicht widerstandslos abschieben lässt, hat vielleicht einfach nur Panik vor den Folgen.“ 2014 hatte die damalige rot-grüne Landesregierung die damalige Praxis beendet, Geflüchtete in „Ausreisezentren“ unterzubringen.