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Flucht, Hunger und Mord im Sudan – Droht dem Land die Spaltung?

Die wenigen Informationen, die aus der Stadt El Fasher im Sudan nach außen dringen, sind äußerst besorgniserregend. Dort haben die paramilitärischen RSF die Macht übernommen. Das Land droht zu zerfallen.

Die größte humanitäre Katastrophe der Welt spielt sich im Sudan ab – und sie droht, sich weiter zuzuspitzen. “Es ist katastrophal. Die Menschen werden abgeschlachtet”, sagt Marina Peter, Sudan-Expertin und Vorsitzende des Sudan- und Südsudan-Forums in Deutschland, im Gespräch mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Schon jetzt sind nach Angaben der Vereinten Nationen rund zwölf Millionen Menschen auf der Flucht. Zehntausende starben seit Kriegsbeginn im April 2023. Mehr als 30 Millionen sind auf humanitäre Hilfe angewiesen; vielerorts ist die Gesundheitsversorgung komplett zusammengebrochen; rund 14 Millionen Mädchen und Jungen gehen nicht mehr in die Schule.

Nun haben die paramilitärischen Rapid Support Forces (RSF) die Stadt El Fasher, symbolträchtige Hauptstadt von Darfur im Westen des Landes, eingenommen. Am Sonntag wurden kurze Videos gepostet, die jubelnde RSF-Anhänger zeigen sollen. Die Miliz liefert sich seit zweieinhalb Jahren erbitterte Kämpfe mit den sudanesischen Streitkräften (SAF). Keine der beiden Kriegsparteien ist legitimiert.

UN-Angaben zufolge sitzen in El Fasher weiterhin rund 260.000 Zivilisten fest. Laut dem Welternährungsprogramm WFP sind sie seit 16 Monaten von Nahrung, Wasser und medizinischer Versorgung abgeschnitten. Am Dienstagmittag teilte das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) mit, Fliehende seien Erpressung, Raub, willkürlicher Haft und Schikanen ausgesetzt. Frauen und Mädchen erlitten sexuelle Gewalt durch Milizionäre. Es gebe Nachrichten von Exekutionen in El Fasher. “Wir wissen nicht, was passiert”, sagt auch Peter. Es drohten Verhältnisse wie in Somalia.

Die Wurzeln des Krieges gehen zurück bis in die Kolonialzeit. Grenzen wurden willkürlich gezogen. Mit Khartum entstand ein starkes Zentrum; bestimmte Eliten wurden gefördert. Doch drumherum: viel Armut und mangelnde Bildung. Auch komme, so Peter, die Frage nach der Identität hinzu. “Der Sudan wurde als ‘arabisches Land’ angesehen. Dabei gibt es auch schwarz-afrikanische Bevölkerung im Land.” Bereits 2011 wurde der Südsudan unabhängig; das führte auf keiner Seite der Grenze zu Entspannung, im Gegenteil.

Einen kurzen Hoffnungsschimmer gab es im Jahr 2019, als Langzeitherrscher Omar al-Baschir nach Massenprotesten zum Rücktritt gezwungen wurde. Während der Übergangszeit unter Abdala Hamdok als Ministerpräsident putschte 2021 General Abdel Fattah al-Burhan, damals noch gemeinsam mit dem RSF-Kommandeur Mohamed Hamdan Daglo, “Hemeti” genannt. Doch interne Machtkämpfe eskalierten und führten in den aktuellen Krieg.

Der rohstoffreiche Sudan (Bevölkerung 50 Millionen) – Gold ist für beide Kriegsparteien zentral – ist längst zum Spielball ausländischer Mächte geworden. Söldner aus zahlreichen Ländern sind vor Ort. Zentral sind die Vereinigten Arabischen Emirate, die als Hauptunterstützer der RSF gelten. Das Land baut seinen Einfluss in der Region strategisch aus und argumentiert, man wolle eine islamistische Regierung verhindern. Tatsächlich sind die Emirate an Rohstoffen und fruchtbarem Ackerland interessiert.

Während die Welt auf El Fasher schaut, war es in den Nuba-Bergen an der Grenze zum Südsudan zwischenzeitlich einigermaßen ruhig. Doch auch dort sind die Auswirkungen des Krieges spürbar. Zum einen hätten Drohnenangriffe im Oktober zugenommen: “Sie sind lautlos. Das ist für die Zivilbevölkerung besonders gefährlich”, sagt Bernd Göken, Geschäftsführer der Organisation Cap Anamur mit Sitz in Köln. Seit mehr als 25 Jahren betreibt sie ein Krankenhaus in den Nuba-Bergen.

Zum anderen beobachtete das Krankenhauspersonal einen starken Zustrom von Binnenflüchtlingen in der Region. Fast eine Million Binnenflüchtlinge sollen es seit Kriegsbeginn sein. “Die Folgen sind extrem”, sagt Göken – Hunger, unterernährte Kinder, der Ausbruch von Cholera. Schwierig mache es auch die schlechte Informationslage. “Man hört immer nur ein bisschen. Doch das lässt Schlimmes erahnen.”

Marina Peter hat dennoch Hoffnung, dass es Frieden im Sudan geben kann. Sie setzt auf die Zivilbevölkerung. “Es gibt sehr viele zivilgesellschaftliche Organisationen, die engagiert sind.” Zuletzt erhielten die Aktivisten der Sudan Emergency Response Rooms den alternativen Nobelpreis. Nach Einschätzung Peters braucht es eine sudanesische Lösung. “Die Menschen wollen diesen Krieg nicht und unterstützen ihn auch nicht.”