Paul McCartney schreibt nicht nur Songs, sondern auch Bücher: „Less meat, less heat“ (deutsch: weniger Fleisch, weniger Hitze) ist ein flammender Appell an die Menschen, gegen die globale Erderwärmung aktiv zu werden. Es soll ein „Rezept für unseren Planeten“ sein, wie der Untertitel des im evangelischen Münchner Claudius-Verlag erschienenen Werks vermittelt. Damit reiht sich der Ex-Beatle keineswegs in die Riege Prominenter ein, die auf den Wohltätigkeitstrip geraten sind: Sein Werk spiegelt die in über 40 Jahren gereiften Überzeugungen des britischen Musikers wider.
Das kompakte Büchlein – in Deutsch und Englisch erschienen – ist die Druckversion einer Rede, die McCartney 2009 vor dem EU-Parlament in Straßburg zum Tagesordnungspunkt „Globale Erwärmung und die Nahrungsmittelpolitik: weniger Fleisch = weniger Erwärmung“ gehalten hat. Sie wurde angereichert mit Fotos, Zeichnungen und drei persönlichen Kochrezepten.
Den Anstoß für seine Autorentätigkeit gab laut McCartney die Lektüre eines UN-Berichts von 2006: „Der lange Schatten der Tierhaltung“. Als Maßnahme, mit der die Probleme der globalen Erwärmung zumindest gemindert werden könnten, schlägt McCartney einen fleischfreien Montag vor. Das erinnert hierzulande an den „Veggie Day“ – einen Vorschlag der Grünen im Bundestagswahlkampf 2013, einen fleischfreien Tag in der Woche in öffentlichen Kantinen und Mensen zur Pflicht zu machen. Die Grünen verbrannten sich damit die Finger, weil sie ihr Image als „Verbotspartei“ beförderten.
Der 76-jährige McCartney präsentiert seine Idee als sinnvolle Alternative, die sogar Spaß machen könnte. Er hat auch einen Popsong dazu geschrieben: „Meat Free Monday“ stellte er 2009 kostenlos zum Download auf seine Webseite. Textinhalt: Der fleischfreie Montag sei ein „Spaß-Tag“ (fun day). Seine Thesen lauten: Die Fleischproduktion verursache mehr Treibhausgase als Autos, Züge und Flugzeuge zusammen. Es würden gnadenlos Wälder abgeholzt, um Weideland für Tiere zu schaffen. „Für die Herstellung eines einzigen Hamburgers wird so viel Wasser verbraucht, dass Sie vier Stunden damit duschen könnten“, sagt er. Auf die Tierproduktion entfielen acht Prozent des globalen Wasserverbrauchs. Zudem werde jede Menge Lachgas erzeugt, welches das Klima 310-mal stärker anheize als Kohlendioxid und für 114 Jahre in der Atmosphäre verbleibe.
Botschafter für den „fleischfreien Montag“
McCartney wurde vor zehn Jahren der erste britische Botschafter der Kampagne „Meatless Monday“, die 2003 in den USA an einer öffentlichen Schule startete. Seither wirbt die Bewegung nach eigener Aussage in rund 40 Ländern der Erde für einen fleischfreien Montag. Dass es ihm ernst ist, bewies er auch mit der Produktion des Kurzfilms „One Day a Week“ (Ein Tag pro Woche) von 2017. Ziel der fleischfreien Montage sei es, sich dazu inspirieren zu lassen, seine Ernährungsgewohnheiten auf einfache Weise zu ändern, sagt er.
Als McCartney 1970 die Auflösung der Beatles bekanntgab, war er 27 Jahre alt – und stand vor dem Nichts. John Lennon, George Harrison und Ringo Starr waren nicht nur eine Band, sondern auch seine Freunde und seine Familie gewesen. Er stürzte sich in den Alkohol. Die Fotografin Linda Eastman, die McCartney 1969 geheiratet hatte, schenkte ihm wieder Gelassenheit und Kontinuität. Die McCartneys zogen auf eine schottische Farm, wo sie sich dem Landleben hingaben, bis Paul irgendwann wieder das Songschreiben anfing.
Eines Tages hatte Linda der Legende nach ein Schlüsselerlebnis mit einem Lamm, das gerade zur Türe hereinspazierte, als die Familie über einem Lammbraten beim Essen saß. In Interviews erzählte McCartney mehrfach, dass dieses kleine Schaf ein Umdenken in Gang setzte. Mitte der 1970er wurden die McCartneys geschlossen zu Vegetariern. Linda brachte vegetarische Kochbücher heraus, gründete ein Unternehmen für vegetarische Fertigprodukte. McCartney bezeichnet seine 1998 an Brustkrebs verstorbene Frau als eine Pionierin des Vegetarismus. Auch die Kinder Stella, Mary und James engagierten sich für vegetarisches Leben und Tierrechte.
2019 ist Paul McCartney mit „Less meat, less heat“ auf der Höhe der Zeit. Mit einer Botschaft, die man schon oft gehört hat, die aber einem Mann in den 70ern mit zahlreichen Enkeln gut zu Gesicht steht. Wie er selbst am Ende seiner Rede im EU-Parlament schreibt: „Für uns selbst – und für unsere Kinder und Kindeskinder, die diesen Planeten von uns erben werden: Essen Sie einen Tag lang kein Fleisch. Danke!"
