Diese Entscheidung am Freitag ist umstritten: Union und SPD wollen den Familiennachzug für bestimmte Geflüchtete vorerst aussetzen. Die Reaktionen sind gespalten – klar dagegen positioniert sich die evangelische Kirche.
Die evangelische Kirche in Deutschland wirbt dafür, den Familiennachzug für Flüchtlinge beizubehalten. “Wer mit seinen Nächsten in Sicherheit leben darf, findet schneller Halt, lernt leichter unsere Sprache, kann sich besser integrieren und wird eher Teil unserer Gesellschaft”, sagte der evangelische Flüchtlingsbischof Christian Stäblein dem “Tagesspiegel” (Freitag). “Darum braucht es großzügige Regelungen beim Familiennachzug – für eine Gesellschaft, die menschlich bleiben will und sich an christliche Werte erinnert.”
Der Bundestag entscheidet am Freitag über eine zweijährige Aussetzung des Familiennachzugs für Menschen mit sogenanntem subsidiären Schutzstatus. Dieser greift, wenn Menschen in ihrem Herkunftsland ernsthafter Schaden droht, also etwa Folter oder die Todesstrafe. Häufig sind Betroffene auch Bürgerkriegsflüchtlinge. Union und SPD hatten eine solche vorübergehende Aussetzung von 2016 bis 2018 schon einmal umgesetzt. Im Anschluss beschränkten sie den Familiennachzug in diesen Fällen auf bis zu 1.000 im Monat.
“Es ist ein Gebot der Nächstenliebe, dass alle Menschen, gerade auch Geflüchtete und subsidiär Schutzberechtigte, nicht über Jahre hinweg von ihren engsten Angehörigen getrennt bleiben”, betonte Stäblein, der Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz ist. “Als evangelische Kirche sagen wir klar und unmissverständlich: Eltern und Kinder gehören zusammen. Geschwister gehören zusammen. Familien gehören zusammen!”
Zustimmung für das Vorhaben erhielten die Regierungsparteien dagegen vom Deutschen Städte- und Gemeindebund. Die Kommunen seien aufgrund der hohen Zahl an geflüchteten Menschen, die bereits im Land sind, an der Grenze ihrer Leistungsfähigkeit – “und teils darüber hinaus”, sagte dessen Hauptgeschäftsführer André Berghegger der “Neuen Osnabrücker Zeitung”. Und weiter: “Ja, es wäre für den Einzelnen schmerzhaft, aber dennoch angemessen, den Familiennachzug zunächst für zwei Jahre auszusetzen.”
Zwar wäre die Integration der Flüchtlinge in den Gemeinden hierzulande “im Zweifel einfacher”, wenn sie ihre Familie nachholen dürften, räumte Berghegger ein. “Aber wenn auch Angehörige zu uns kommen, stellt uns das vor zusätzliche Herausforderungen: Es braucht zusätzlichen Wohnraum, der ohnehin schon sehr knapp ist, die Betroffenen könnten nicht in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht werden.”