In der hannoverschen Landeskirche sind laut einem Sprecher aktuell 122 bestätigte oder Verdachtsfälle bekannt, in denen Mitarbeitende seit 1946 sexualisierte Gewalt an Minderjährigen verübt haben sollen. Unter den Beschuldigten sind 63 Pastoren. Für die ForuM-Studie über sexualisierte Gewalt in der evangelischen Kirche hatte die Landeskirche den Angaben zufolge bis zum Stichtag im April 2023 noch 110 Fälle mit ebenso vielen Beschuldigten und mindestens 140 Betroffenen angegeben. 25 Verdachtsfälle seien seitdem dazu gekommen.
Ein Teil der Fälle wurde in den Akten unter „Ehebruch“ geführt, erwies sich bei näherem Hinsehen jedoch als sexualisierte Gewalt. Die beschuldigten Pastoren wurden teilweise in andere Gemeinden versetzt. Die meisten von ihnen sind bereits verstorben. Sofern sie noch leben, seien die Fälle der Staatsanwaltschaft übergeben worden, betonte der Sprecher.
Die Diakonie in Niedersachsen nannte für die Studie insgesamt 106 Betroffene aus ihren Heimen und Einrichtungen sowie 158 Beschuldigte, darunter Pastoren und Diakone sowie Mitarbeitende aus Schule oder Jugendhilfe. An die Betroffenen zahlte die Landeskirche bislang insgesamt 183.500 Euro an Anerkennungsleistungen für erlittenes Leid und mehr als 49.000 Euro für Therapien oder Klinikaufenthalte. Die Diakonie in Niedersachsen zahlte nach eigenen Angaben 1,6 Millionen Euro an Anerkennungsleistungen.
Ende Januar hatte ein unabhängiges Forschungsteam die ForuM-Studie über sexualisierte Gewalt im Raum der evangelischen Kirche und der Diakonie in Deutschland vorgestellt. Darin wird von mindestens 2.225 Betroffenen und 1.259 mutmaßlichen Tätern ausgegangen, aber eine deutlich höhere Dunkelziffer vermutet.