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Fachleute: Nieren machen kein “Tam-tam” – So bleiben sie gesund

Immer häufiger werden Menschen mit Nierenleiden in Deutschland behandelt, und bei vielen ist das Organ dann bereits seit Jahren oder Jahrzehnten geschädigt. Dagegen lässt sich etwas tun – auch vorbeugend.

Im Gegensatz etwa zum Herz sind die Nieren ein “stilles” Organ: Daher sind vorsorgende Untersuchungen laut Fachleuten um so wichtiger. Ein Alarmzeichen sei ohne Ausnahmen blutiger Urin, sagte der Hannoveraner Chefarzt Jan J. Menne am Mittwoch. Wenn der Urologe nichts finde, hänge dieses Symptom fast immer mit den Nieren zusammen – es brauche dann eine Abklärung durch Internisten oder Nephrologen, also Nierenheilkundler. Menne äußerte sich vor der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie, die am Donnerstag in Berlin beginnt.

Immer wieder gebe es Fälle, in denen Menschen nach einem Monat mit Kopfschmerzen zu Fachmedizinern kämen – und sich herausstelle, dass sie seit mehreren Jahrzehnten nierenkrank seien und nun Dialyse bräuchten. Regelmäßige Untersuchungen der Nierenfunktion über Blut und Urin seien daher sinnvoll, ebenso wie Kontrollen von Blutdruck und Blutzucker. Medikamente gegen Bluthochdruck und Diabetes schützten auch die Niere, müssten also unbedingt regelmäßig eingenommen werden.

Leicht umsetzbare Vorsorgeprogramme und Aufklärung in der Bevölkerung forderte auch die Mainzer Medizinerin Julia Weinmann-Menke. So habe die Weltgesundheitsorganisation WHO die Chronische Nierenerkrankung im Frühjahr als globale Volkskrankheit eingestuft habe. Hierzulande seien davon etwa zehn Millionen Menschen betroffen – doch im Alltag bemerke man die Krankheit meist nicht. So wisse in Deutschland nur ein Drittel aller Erkrankten, dass sie daran litten, von denen wiederum nur zwei Drittel in ärztlicher Behandlung waren.

Erhöht sei das Risiko bei Diabetes-Patientinnen und -Patienten, Menschen mit Bluthochdruck oder Herzleiden, Personen, die eine problematische Schwangerschaft oder bereits ein Nierenversagen erlebt hätten oder die von Nierenerkrankungen in der Familie wüssten. Für sie ist es laut Weinmann-Menke sinnvoll, einmal jährlich die Nierenwerte prüfen zu lassen. Es handle sich um eine Kassenleistung, auf die jede und jeder den eigenen Hausarzt ansprechen könne. Grundsätzlich sei ein solcher Check-Up ab 35 Jahren vorsorgend angemessen.

Eine regelmäßige Diagnostik könne eine Zeitenwende in der gesamten Medizin bedeuten, sagte Weinmann-Menke: Die Nieren spielten eine wichtige Rolle etwa für die Gefäßregulation, so dass sie im gesunden Zustand auch Herzinfarkten und anderen schweren Krankheiten vorbeugen könnten. Zudem steuere das Organ den Säure-Basen-Haushalt des Körpers, die Blutdruckregulation und den Knochenstoffwechsel. Im frühen Stadium erkannt, lasse sich die Krankheit gut behandeln.

Kongresspräsident Martin K. Kuhlmann verwies auf einen Fachkräftemangel im ländlichen Bereich – bei einer zunehmenden Zahl von Nieren-Erkrankten. Auch seien 100.000 Menschen hierzulande auf regelmäßige Dialyse angewiesen. Ihre Versorgung könne verbessert werden, wer mehr auf Heimdialyse gesetzt werde – dafür brauche es indes die Mittel für Schulungen und regelmäßige Kontrollen.