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Expertin: So profitieren Unternehmen von Mental-Health-Angeboten

Weniger Produktivität, mehr Ausfälle und ein tristes Arbeitsklima: Hohe psychische Belastung wirkt sich auch auf Unternehmen aus. Eine Arbeitspsychologin hat Tipps, was Firmen und Einzelne tun können.

Dass Menschen gerne zur Arbeit gehen, sich motiviert, wertgeschätzt und fair behandelt fühlen – das ist das Ziel von arbeitspsychologischen Angeboten. Arbeit dürfe mal anstrengend sein, “es braucht aber auch Zeiten zum Durchatmen und ein Gefühl der Gemeinschaft”, sagte die Arbeitspsychologin Linda Leinweber im Interview der “Welt” (Dienstag).

Viele Unternehmen hätten inzwischen erkannt, dass sie davon profitierten, wenn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gesund blieben. “Psychische Leiden zählen zu den häufigsten Gründen für Krankheitsausfälle”, betonte Leinweber. Firmen hätten die Pflicht, Strukturen zu schaffen, in denen es den Angestellten gut gehe.

Ihre Beratungen begännen mit einer Analyse, etwa durch Gespräche oder Fragebögen, erklärte die Expertin. Je nach Ergebnis gebe es unterschiedliche Angebote wie Einzel-Coachings, Trainings zu Stressmanagement oder Kommunikation, möglicherweise Mediation. Dabei spiele auch die Biografie von Betroffenen eine Rolle. “Der Fokus liegt zwar auf dem Lernen von Strategien für den Job, trotzdem ist der Blick zurück in meinen Augen wichtig.” Vergangene Erfahrungen spielten stets eine Rolle dafür, wie sich Einstellungen und Überzeugungen entwickelt hätten.

Zudem bringe jeder Mensch auch Themen mit, die nicht mit der Arbeit verbunden seien, aber dennoch belasten könnten: “Manchmal ist es die Familie, die viel Kraft zieht, ein Hausbau oder eine Ehekrise”, so die Expertin. “Wir als Psychologen schauen den Menschen insgesamt an, fragen, was ihn belastet und suchen nach Lösungen. Das ist auch im Sinne eines Unternehmens.”

Jeder und jedem Einzelnen riet die Psychologin zu Wachsamkeit bei Verdauungsproblemen, Schlafstörungen, Konzentrationsschwierigkeiten oder Rücken- und Nackenschmerzen. Frauen bemerkten mitunter einen gestörten Zyklus; auch Kopfschmerzen, Zähneknirschen oder ein Tinnitus könnten auf Überlastung hindeuten.

Wenn negative Gedanken zunähmen, sei es hilfreich, sie aufzuschreiben. “Ich empfehle, sich am Tag eine feste ‘Grübelzeit’ zu nehmen, 15 Minuten reichen aus. Die negativen Gedanken dürfen dann auch mal da sein.” Danach sei es sinnvoll, etwas Angenehmes zu tun, etwa Tee zu trinken oder eine Folge der Lieblingsserie zu schauen. “Wichtig ist, nicht im Negativen zu verharren”, sagte Leinweber. Auch Atemübungen und ausreichen Bewegung seien gut für den Stressabbau.