15 Jahre liegt der Amoklauf von Winnenden inzwischen zurück. Die Gefahr für solche Taten ist nach Einschätzung einer Expertin so hoch wie selten zuvor – und das nicht nur an Schulen.
Menschen, die aus Wut oder Frust andere ermorden: Die Gefahr für Amoktaten steigt nach Worten der Kriminologin Britta Bannenberg. Erstmals kämen solche Taten auch an Universitäten und Hochschulen vor; “das hatten wir vorher nie”, sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Montag). Auch die Zahl der “Fast-Taten” an Schulen sowie der Bedrohungen an anderen Institutionen sei gestiegen.
Seit zwei Jahren sei “absolut Dampf im Kessel”, erklärte Bannenberg, die als führende deutsche Expertin für Amoktaten gilt. “Die Bedrohungen sind insgesamt vielfältiger geworden. Manche Amoktaten vermischen sich mit Terror.”
Hintergrund der Entwicklung sei unter anderem die Corona-Pandemie. Seither stünden viele Menschen “unter Druck”, sagte die Expertin. Schülerinnen und Schüler hätten zwei Jahre lange keine guten Sozialkontakte gehabt: “Die, die ohnehin schon sonderbar drauf waren, haben in Zeiten des Homeschooling gelitten.” Auch Erwachsene seien durch die Pandemie, den Krieg in der Ukraine und die Energiekrise belastet. “Einzelne drehen dann ab.”
Sie spreche täglich mit Menschen, die dächten, dass jemand aus ihrem Umfeld eine Amoktat begehen könnte, sagte Bannenberg. Verhindern ließen sich solche Taten nur, wenn bestimmte Signale rechtzeitig erkannt würden. “Wenn man auf die Bewältigung der Ernstlage hofft, dann sind immer schon ein paar tot. Alles andere, was so weich wirkt, ist hundertmal wirksamer.” So gelte es, rechtzeitig Informationen zusammenzutragen, wenn jemand als “sehr komisch” eingestuft werde.
Viele Institutionen hätten dies inzwischen erkannt, sagte die Forscherin. Zudem dürften potenzielle Täter “niemals an Schusswaffen kommen”: Damit nehme das Risiko um das Achtfache zu. Bannenberg äußerte sich zum 15. Jahrestag des Amoklaufs von Winnenden und Wendlingen. Am 11. März 2009 hatte ein ehemaliger Schüler 15 Menschen und zuletzt sich selbst getötet.