Vom Kindergarten über den Freizeitpark bis zum Museum: Schaukästen und nachmodellierte Welten begeistern viele Menschen. Einige probieren sich auch selbst an dieser Kunstform.
Puppenhäuser und andere Miniaturwelten, Modellbau oder das Online-Spiel “Minecraft”: Eine eigene kleine Welt zu erschaffen, fasziniert nach Beobachtung der Kunsthistorikerin Katharina Dohm viele Menschen. “Schon im Kindergarten geht es los, wenn Schuhbox-Theater gebaut werden”, sagte sie der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Einen bestimmten Moment einzufrieren und der eigenen Wahrnehmung eine Form zu verleihen, erlebten schon Kinder als etwas Besonderes.
Dohm hat vor sieben Jahren die Ausstellung “Diorama. Erfindung einer Illusion” in der Frankfurter Schirn kuratiert. Als Diorama werden Schaukästen bezeichnet, in denen Landschaften oder Szenen dargestellt sind. Künstler hätten diese Form für unterschiedlichste Ideen genutzt, erklärte die Expertin: “Man kann Kritik üben, aber auch eine Zukunftsvision aufbauen oder Details in Szene setzen, die sonst übersehen werden.”
Eine erste Blüte erlebte das Diorama im 19. Jahrhundert in Naturkundemuseen. “Große nachgebaute Landschaften wie im New Yorker Naturkundemuseum werden weiterhin wie verrückt besucht”, sagte Dohm. Inzwischen setzten die meisten Museen auf andere Darstellungsformen, weil die Nachbildungen der Realität nicht gerecht geworden seien: “Sie wurden mitunter als Kirmes oder als Fabelwelt kritisiert.”
Als Erfinder des Diorama gilt der französische Maler Louis Daguerre: Auf einer abgedunkelten Schaubühne stellte er den Vesuv dar, und mit wechselnder Beleuchtung schien es, als würde der Vulkan Feuer speien. “Für Zeitgenossen muss das sensationell gewesen sein”, erklärte Dohm. Grundsätzlich gehe es beim Diorama “um eine Vermittlung der Realität, die versucht, selbst Realität zu sein, ohne dies ganz zu erfüllen.” Dies sei für Künstlerinnen und Künstler stets eine Sollbruchstelle.
Als Vorläufer von Dioramen gelten Weihnachtskrippen; über Naturkunde-Habitate, Miniatur-Kriegsschauplätze mit Zinnsoldaten oder königliche Gesellschaftsräume aus Porzellan befindet sich das Medium bis heute im Wandel. Es führt in der Kunst bis zu Video-Installationen, die ganze Räume in eine Art Schaukasten verwandeln. Diese Vielfalt eröffne auch für Hobbybastlerinnen und -bastler zahllose Möglichkeiten, so Dohm: “Das Diorama lässt sich kaum festlegen.”