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Experte: Weihnachtsschützen haben ihren Brauch gegen Nazis verteidigt

Die Berchtesgadener Weihnachtsschützen haben sich laut Expertenmeinung ihr Brauchtum auch vom NS-Regime nicht verbieten lassen. Sie hätten trotz Verboten zu kirchlichen Anlässen einfach weitergeschossen, sagte der Bildungsreferent beim Institut für Zeitgeschichte (IfZ) in der Dokumentation Obersalzberg, Mathias Irlinger. Teilweise hätten sie sich dazu auch versteckt, sagte er im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). 1933 sei Adolf Hitler noch zum Ehrenmitglied bei den Weihnachtsschützen ernannt worden. Später hätten aber die Konflikte zwischen Weihnachtsschützen und NS-Regime zugenommen – vor allem, weil die christlichen Grundlagen des Brauchtums den Nationalsozialisten nicht gepasst hätten.

An einen organisierten Widerstand gegen das NS-Regime glaubt Irlinger aber nicht. Erst als die Weihnachtsschützen in der Ausübung ihres Brauches von den Nationalsozialisten gestört wurden, habe es Widerstand gegeben. „Aber nur gegen die ‘Störungen’ – nicht gegen das NS-Regime als Ganzes.“ So hätten die Weihnachtsschützen zum Beispiel nicht bei NSDAP-Veranstaltungen schießen wollen, weil es nicht zum Brauch gehört habe. Dafür hätten sie aber kein Problem gehabt, vor Hitlers Berghof am Obersalzberg zu schießen. Die Weihnachtsschützen schießen traditionell in der Adventszeit, an Heiligabend und auch an Silvester. Dazu kommen weitere kirchliche Feste und Vereinsjubiläen.

Eine Ausnahme im organisierten Widerstand seien Einzelpersonen wie der Berchtesgadener Volkskundler und Professor Rudolf Kriss (1903-1973) gewesen, die Hitler von Beginn an kritisch gegenübergestanden hätten, sagte Irlinger. Kriss sei dem Brauchtum eng verbunden gewesen. Allein die Tatsache, dass er religiöser Volkskundler war, sei den Nationalsozialisten schon ein Dorn im Auge gewesen. Außerdem habe er sich regimekritisch geäußert, so dass er mit einem Lehrverbot belegt wurde. „Ich würde ihn als ‘graue Eminenz’ hinter dem ‘Ungehorsam’ der Weihnachtsschützen beschreiben, was er auch fast mit dem Leben bezahlt hätte“, sagte Irlinger weiter. 1944 wurde er von den Nazis zum Tode verurteilt, was später in lebenslange Haft umgewandelt wurde. (00/3881/09.12.2024)