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Experte: Massenproteste in Serbien eine Probe für Präsident Vucic

“Vucic ist verzweifelt, denn er sitzt fest”, meint ein Politik-Experte. Und Belgrads Kardinal sieht in den anhaltenden Studentenprotesten ein Zeichen für eine bessere Zukunft für Serbien.

In Belgrad haben am Samstag erneut Zehntausende Studenten gegen die Regierung von Präsident Aleksandar Vucic demonstriert. Etliche von ihnen waren tagelang zu Fuß aus allen Landesteilen in die Hauptstadt Serbiens gereist. Für Vucic, dem Kritiker einen autokratischen Führungsstil vorwerfen, entwickelt sich die Protestwelle zur Bewährungsprobe.

“Vucic ist verzweifelt, denn er sitzt fest”, sagte Aleksandar Ivkovic, Forscher am Centre for Contemporary Politics in Belgrad, am Samstag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Würde der Staatschef den Forderungen der Regierungskritiker nachkommen, würde dies unweigerlich zur Verhaftung “einflussreicher Mitglieder der Regierungselite” führen. Zugleich würde Repression die Proteste nur weiter anheizen, so Ivkovic. Seiner eigenen Wählerschaft erscheine der Autokrat längst als geschwächt.

Längerfristig könnten die Proteste das Ende Vucic-Ära einläuten, schätzt der Experte: “Derzeit besteht der Ausweg für ihn darin, entweder nichts zu tun und zu hoffen, dass die Proteste irgendwann aufhören – was sehr unwahrscheinlich ist. Oder darin, eine Art Machtteilungsabkommen mit der Opposition oder anderen Akteuren einzugehen.”

Rückendeckung bekamen die Studenten am Samstag vom katholischen Erzbischof von Belgrad, Ladislav Nemet. Aus einem Brief des Kardinals zitieren örtliche Medien: “Euer Mut und eure Entschlossenheit, für Gerechtigkeit und Fairness zu kämpfen, sind ein Zeichen der Hoffnung und des Glaubens an eine bessere Zukunft für Serbien.” Weiter mahnte Nemet einen friedlichen Verlauf der Proteste an.

In den vergangenen Tagen ist die Sorge vor einer gewaltsamen Eskalation gewachsen. Seit Herbst befindet sich Serbien fest im Griff von Protesten gegen die Regierung. Als Auslöser gilt ein Unglück in Novi Sad, im November 15 Menschen unter einem einstürzenden Bahnhofsvordach starben; dies wird Pfusch und Korruption angelastet. Ministerpräsident Milos Vucevic kündigte daraufhin Ende Januar den Rücktritt seiner Regierung an.