Abwesend abstimmen? Bisher können EU-Parlamentarierinnen rund um die Geburt ihres Kindes nicht an Abstimmungen in Straßburg oder Brüssel teilnehmen. Ihre Stimmen verfallen also. Das könnte sich aber bald ändern.
Mutterschutz für Abgeordnete: Kurz vor und nach der Geburt sollen Abgeordnete im EU-Parlament künftig ihre Stimme an ein anderes Parlamentsmitglied weitergeben können. Der Ausschuss für konstitutionelle Fragen stimmte am Dienstag in Brüssel mehrheitlich dafür. Das EU-Parlament plant somit erstmals eine Ausnahme davon, dass Abgeordnete persönlich ihre Stimme in Plenarsitzungen abgeben müssen.
Parlamentarierinnen könnten stattdessen bis zu drei Monate vor der Geburt und bis zu sechs Monate danach ein anderes Mitglied für ihre Stimme bevollmächtigen. In der kommenden Woche wird das Plenum des Parlaments über den Vorschlag abstimmen. Anschließend müssen die Mitgliedstaaten der EU einstimmig zustimmen.
“Keine gewählte Vertreterin sollte sich jemals zwischen ihrer Stimme und ihrem Kind entscheiden müssen”, sagte der zuständige Berichterstatter Juan Fernando López Aguilar (S&D). Der Vorschlag stärke die demokratische Repräsentation der Wählerstimmen ebenso wie die Gleichstellung der Geschlechter und die Vereinbarkeit von politischer Arbeit und Familie. Mit dem Vorhaben will das Parlament den Angaben zufolge auch die nationalen Parlamente anregen, diese Probleme zu thematisieren.
Das Vorhaben geht auf eine Initiative von Parlamentspräsidentin Roberta Metsola zurück. Sie hatte Anfang des Jahres eine entsprechende Reform angestoßen.