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Ethikratsvorsitzender sieht Grenzen bei Koalitionsverhandlungen

Die Koalitionsverhandlungen laufen auf Hochtouren. Es ist ein Geben und Nehmen. Aus Sicht des Vorsitzenden des Deutschen Ethikrats gibt es – wenn auch sehr wenige – Grenzen.

Für den Vorsitzenden des Deutschen Ethikrats und Juristen Helmut Frister gibt es inhaltliche und ethische Grenzen für die Koalitionsverhandlungen. “Wenn die Abgeordneten im Ergebnis allein nach ihrer persönlichen ethischen Überzeugung entscheiden sollen, geht es nicht mehr um programmatische Vorstellungen der Parteien, so dass solche Fragen konsequenterweise aus den Koalitionsverhandlungen herausgehalten werden sollten”, sagte Frister der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Berlin.

Fragen, bei denen in der Vergangenheit der Fraktionszwang im Bundestag aufgehoben wurde, sind zum Beispiel das Thema Suizidbeihilfe und Organspende. Auch gibt es fraktionsübergreifende Anträge etwa zu den Regeln für Schwangerschaftsabbrüche. Während der laufenden Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD hatten die SPD-Frauen kürzlich eine Zustimmung zum Koalitionsvertrag an eine Reform der Abtreibungsregeln geknüpft.

Von solchen ethischen Grundfragen abgesehen ist es laut Frister schwierig, ethische oder moralische Grenzen für die Verhandlungsmasse bei Koalitionsverhandlungen zu formulieren. Es sei Teil des demokratischen Willensbildungsprozesses und völlig legitim, dass Parteien bei Koalitionsverhandlungen versuchten, ihre programmatischen Vorstellungen, für die sie gewählt worden seien, so weit wie möglich durchzusetzen. Die ethische Begründbarkeit einer politischen Überzeugung sei noch kein Grund, eine Überzeugung nicht in die Verhandlungsmasse von Koalitionsverhandlungen einzubringen.

In der gegenwärtigen Krise sei von demokratischen Parteien ein erhebliches Maß an Kompromissfähigkeit zu erwarten – “aber dies schließt nicht aus, dass es programmatische Vorstellungen gibt, die einer Partei so wichtig sind, dass sie die Bereitschaft zu einer Koalition legitimerweise von der Bereitschaft zu deren Realisierung abhängig macht”, so Frister.