Ich danke dir von ganzem Herzen“, sagt mir jemand. Damit wird deutlich: Dieser Dank ist nicht so dahergesagt. „Von Herzen“, das macht deutlich: Das, was du mir gesagt hast, das, was du mir getan hast, hat mir wirklich etwas bedeutet. „Dein ist mein ganzes Herz“, sang Heinz Rudolf Kunze und wollte damit wohl sagen: Ich liebe dich ganz und gar.
Das Herz als Zentrum des Körpers
Wenn die Bibel vom Herzen redet, dann geht es auch ums Ganze. Das Herz ist der Ort, wo mich etwas wirklich angeht. Das Herz ist im biblischen Verständnis Zentrum meines Körpers. In unserem Sprachgebrauch ist es vor allen Dingen der Ort des Fühlens und wird oft mit der Liebe in Verbindung gebracht. In der Bibel ist das Herz aber auch der Ort der Vernunft, des Verstandes, der Ort, wo sich mein Denken und Begreifen abspielt.
Über dreißig Mal redet der Prophet Ezechiel vom Herzen. Doch was er im Auftrag Gottes da zu sagen hat, ist wenig schmeichelhaft: Er muss seinen Zuhörern sagen, dass sie ein Herz aus Stein haben, dass ihr Herz verstockt ist; er hat ihnen zu sagen, dass sie ihr Herz an die falschen Dinge hängen und leider auch an die falschen Götter. Ja sogar, dass sie sich verhoben haben im Herzen, muss er ihnen ausrichten. Denn sie meinten besser zu wissen, was gut für sie ist, als Gott selbst.
Der Prophet wirkte unter der verschleppten jüdischen Bevölkerung in Babylon. Die Heimat war erobert, Jerusalem und der Tempel zerstört. Der Prophet muss ihnen sagen, dass diese Katastrophe etwas mit ihnen selbst zu tun hat. Sie hatten nicht auf Gott gehört, sondern lieber anderen Götzen vertraut, nicht zuletzt dem Götzen der Macht.
Der Geist richtet an Gott aus
Doch – Gott sei Dank! – ist das nicht das Letzte, was der Prophet zu sagen hat. Als Letztes darf er davon erzählen, dass Gott – auch dieses Mal wieder – gnädig ist. Es soll nicht so bleiben, wie es ist. „Ich schenke euch ein neues Herz…“ Ich tausche euer Herz aus Stein gegen ein fleischernes Herz, wie es wenig später heißt: Ein totes Herz gegen ein lebendiges, ein verstocktes gegen eines, das sich öffnet. Und dazu gebe ich euch einen neuen Geist. Mein Geist wird euer Wollen und Wünschen lenken.
Und die Folge davon? Was macht das mit dem Menschen? Die Antwort ist verblüffend einfach: Der Mensch mit seinem neuen Herzen und seinem neuen Geist wird sich nach Gottes Wort ausrichten, nach seinem Gebot leben. Er wird, wie Gott dann sagt, „meine Rechte halten und danach tun“.
Das Wollen und Fühlen, das Denken und Handeln des Menschen, alles richtet sich an Gott aus, das sieht der Prophet für die Zukunft mit diesem Bild eines neuen Herzens. Gottes Wort, auch sein Gebot, tut uns Menschen gut, es hilft, das Leben und Zusammenleben von uns Menschen in guter Weise zu gestalten. Es hilft, dass wir in Freiheit leben können und dabei zugleich die Freiheit des Nächsten respektieren. Deshalb nimmt Gottes Wort immer wieder in besonderer Weise die Schwachen in einer Gesellschaft in den Blick: die Armen, die Menschen in Not, die Fremden und die Flüchtlinge.
Träumen von einer heilvollen Welt
Gott wird gnädig sein, ist die Botschaft des Propheten: Das Volk wird aus der Gefangenschaft zurückkehren können. Aber darin erschöpft sich das Handeln Gottes noch nicht. Es geht darum, die Zukunft anders zu gestalten – deshalb braucht es ein neues Herz und einen neuen Geist. Die Welt, in der wir leben, erzählt jeden Tag davon, dass wir nicht aufhören dürfen davon zu träumen, dass der Mensch lernt, die Zukunft in anderer, in heilvoller Weise zu gestalten.
Der Prophet erwartet diese Erneuerung nicht aus der Anstrengung des Menschen, ein besseres Leben zu führen. Er erwartet diese Erneuerung von Gott her. „Ich schenke euch…“. Die angemessene Reaktion auf die Jahreslosung ist deshalb wohl das Gebet, das die Erneuerung von Gott her erwartet und erbittet.