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Es bleibt nicht dabei

UK 45/2017, Friedhofsgestaltung (Seite 1: „Friedhöfe mit Spielplätzen und Cafés“)
Ich muss unbedingt meinem Herzen Luft machen, weil mich dieser Beitrag kolossal erregt hat. Ich finde es direkt unverschämt, so einen Gedanken zu hegen, geschweige rea­lisieren zu wollen. Für mich ist der Friedhof ein Ruheort mit viel Grün und liebevoll gepflegten Gräbern und das heutzutage in Großstädten fast einzige Refugium weit und breit. Und dort möchte ich eines Tages auch wirklich meine Ruhe finden und nicht von lärmenden Kindern und ihren Eltern umgeben sein und auch nicht von denen, die jetzt und dort unbedingt in ein Café gehen müssen, weil es eben so bequem ist. Das gehört für mich alles außerhalb eines Friedhofes. Denn es bliebe nicht beim Spiel der Kinder, es würden sich daraus weitere Aktivitäten ergeben, schon heute wird bei uns wie selbstverständlich mit einem Affentempo über den Friedhof geradelt, nicht um einen Verwandten zu besuchen, der dort liegt, sondern einfach, weil das bequem ist und eben eine schnelle Querverbindung zur Stadt.
Kinder sind im Übrigen nicht diejenigen, die eine Lektion in Richtung Sterben brauchen, für sie gehört das alles im Kindergartenalter noch wie selbstverständlich dazu, es sind eher die Erwachsenen, die Probleme damit haben, dass Menschen alt werden und sterben und irgendwann da unten jemand liegt, der nicht mehr atmet und auch nicht wieder in die irdische Welt zurückkommt.
Es riecht für mich in dem Artikel nach Geschäftemachenwollen, denn seit Alters her ist der Friedhof eine Oase der Ruhe für Tier und Mensch, ein Stück Parkanlage in der Großstadt, ein Stück Erinnerungskultur, ein Besinnungsort. Wer dort etwas anderes entstehen lassen will, ist entweder weltfremd oder manipulierbar. Möge es nicht dazu kommen, was der Artikel im Ansatz so verlockend verheißt. Dann will ich eine Seebestattung für mich, aber im Wasser hat man ja leider auch keine Ruhe mehr.
„Hier stehe ich. Ich kann nicht anders.“
Marion Gitzel, Münster