Wie können sich Betroffene wirksam einsetzen, wenn es um die Aufarbeitung von Missbrauch geht? Betroffene haben zusammen mit Vertretern von Kirchen und Schulen Standards entwickelt.
Betroffene und Vertreter haben erstmals ein Regelwerk für verbindliche Beteiligung bei der institutionellen Aufarbeitung von Missbrauch vorgelegt. Die Standards sollen dabei helfen, wie ein Aufarbeitungsprozess von Anfang an unter Beteiligung Betroffener vorbereitet, umgesetzt und abgeschlossen werden kann, erklärte die Missbrauchsbetroffene der Bundesregierung, Kerstin Claus, am Freitag in Berlin. Damit werde ein Perspektivwechsel eingeleitet, denn nicht mehr die Institutionen alleine definierten den Rahmen der Aufarbeitung.
An der Erarbeitung der Standards waren über 150 Menschen zwei Jahre lang beteiligt. Darunter seien Betroffene sexualisierter Gewalt in Kindheit und Jugend, Vertreter von Institutionen sowie unabhängige Aufarbeitungsexperten. Der Prozess fand auf Initiative von Claus, des Betroffenenrates sowie der unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs statt.
Claus erklärte dazu, der Dialogprozess habe Muster durchbrochen: “Betroffene beteiligen, ihre Expertise anerkennen und ihnen die Hoheit über den Umgang mit der eigenen Geschichte geben – Politik, Forschung und Institutionen setzen das noch viel zu wenig um.” Der Dialog habe gezeigt, dass es möglich sei, eine gemeinsame Haltung zu entwickeln und damit die Qualität von Aufarbeitung entscheidend zu verbessern. Sie hoffe, dass sich nun Institutionen wie zum Beispiel Schulen, Kirchen und Vereine damit auf den Weg machten.