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Erster Jahresbericht der Aufarbeitungskommission im Bistum Essen

Für eine Aufarbeitung sexualisierter Gewalt im Bistum Essen hat die zuständige Unabhängige Kommission (UAK) Empfehlungen unter anderem mit Blick auf die Struktur von Ansprechpersonen und Anerkennung des Leids formuliert. In ihrem am Montag veröffentlichten ersten Jahresbericht für 2024 befasst sich die seit Oktober 2023 arbeitende Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexualisierter Gewalt auch mit dem Fall des früheren Kardinals Franz Hengsbach als mutmaßlichem Missbrauchstäter.

Die Kommission mahnte etwa mehr Transparenz und eine eindeutigere Zuordnung von Verantwortungen im Umgang mit eingehenden Anliegen zu sexualisierter Gewalt an. Die Zuordnung der Stabsbereiche in der Bistumsleitung lasse für Außenstehende offen, ob der Generalvikar unmittelbar verantwortlich sei oder ob die Stabsbereichsleitungen einem Leitungsteam berichten müssen. Eine fehlende Transparenz insbesondere im sensiblen Bereich des Umgangs mit sexuellem Missbrauch sei nicht förderlich, mahnte die UAK in ihrem Bericht.

Weiteren Klärungsbedarf sieht die UAK Essen auch mit Blick auf die Rolle des sogenannten „ständigen Beraterstabs“. Einzelne Betroffenenvertreter seien aus dem Gremium aus Gründen ausgeschieden, die mit den Arbeitsbedingungen des Beraterstabs zusammenhängen. Zudem sei zu bedenken, dass Betroffene sexualisierter Gewalt ein berechtigtes Interesse hätten, genau zu wissen, wer sich mit den zum Teil sehr intimen Details ihres jeweiligen Falles beschäftigt. Im Interesse einer eindeutigen Außenwahrnehmung sei es sinnvoll, die Rolle und Notwendigkeit des Beraterstabs deutlicher zu machen, erklärte die UAK.

Mit Blick auf Entschädigungsleistungen erinnert die Essener Kommission die Bistumsleitung daran, „dass gerade die außergerichtliche und gerichtliche Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in der Vergangenheit zu lange und zu oft durch Verzögerung und Vertuschung vonseiten kirchlicher Amtsträger geprägt war“. Die Kommission appelliert an die Bistumsleitung, eine gerichtliche Klärung eines Missbrauchs und auch die daraus mögliche folgende Entschädigung des Opfers nicht aus eigener Macht zu blockieren.

In einem Gutachten des Instituts für Praxisforschung und Projektberatung München (IPP) von Februar 2023 seien die im September 2023 bekannt gewordenen Missbrauchsvorwürfe gegen den ersten Ruhrbischof Hengsbach, gestorben 1991, nicht untersucht worden. „Wegen der Bedeutung der Person Hengsbach für das Bistum Essen und des Umfangs der Vorwürfe hat die UAK Essen das Bistum darin bestärkt, ein erneutes, auf die Causa Hengsbach ausgerichtetes Gutachten in Auftrag zu geben“, hieß es. Die UAK werde diesen Prozess begleiten und gegebenenfalls weitere eigene Untersuchungen anstellen. Die Kommission kündigte an, ihre Arbeit bis Ende 2026 fortzusetzen.