Laut Sonderermittlern hat der Trierer Priester Edmund Dillinger mindestens 20 Personen sexuell missbraucht. Für seine Zeit in Afrika konnten jedoch keine Betroffenen ermittelt werden. Recherchen werden nun eingestellt.
Es ist ein monströser Fall, dessen Aufarbeitung auch erfahrene Ermittler teils enttäuscht und desillusioniert zurücklässt. Im Missbrauchskomplex um den 2022 gestorbenen katholischen Priester Edmund Dillinger aus dem Bistum Trier ist am Donnerstag der Abschlussbericht der Sonderermittler veröffentlicht worden. Zuletzt bildetenen insbesondere Untersuchungen zu möglichen Missbrauchstaten Dillingers in Afrika den Schwerpunkt der Nachforschungen, wie es in einer Pressemitteilung hieß.
Weil Dillinger vornehmlich Kontakte nach Kamerun und Togo unterhielt, konzentrierten sich die Bemühungen der beiden ehemaligen Staatsanwälte Jürgen Brauer und Ingo Hromada auf diese Länder. Ihr Fazit: “Im Ergebnis ist es auch mit Hilfe außenstehender Ansprechpartner in Afrika nicht gelungen, Betroffene oder Zeitzeugen ausfindig zu machen oder sexuelle Übergriffe zu verifizieren.” Das sei ein ernüchternder Befund, heißt es in dem 15 Seiten umfassenden Abschlussbericht. Dillinger, der 1972 die Hilfsorganisation CV-Afrika-Hilfe gegründet hatte, war mehrfach in afrikanische Länder gereist.
Erschwert worden seien die Recherchen unter anderem dadurch, “dass das Auswärtige Amt die zunächst in Aussicht gestellte Unterstützung nicht gewährte”, bemängelten die Sonderermittler weiter. Nach einigen Vorabsprachen sei eine gemeinsame Besprechung in Berlin ins Auge gefasst und eine Rückmeldung des Auswärtigen Amtes zugesagt worden. “Die Rückmeldung steht auch nach sechs Monaten aus. Unsere Erinnerung ist nicht beantwortet worden”, so das enttäuschte Resümee der ehemaligen Staatsanwälte.
Doch auch die Aufarbeitung von Missbrauch innerhalb der Kirche in Afrika ist nach Einschätzung der Sonderermittler mangelhaft: “Innerhalb der Kirche Afrikas scheint der Missbrauch zwar als eine Tatsache anerkannt zu werden. Von einer umfassenden flächendeckenden Aufarbeitung ist die Kirche aber noch meilenweit entfernt”, heißt es im Abschlussbericht.
Weil die von Dillinger mutmaßlich in Afrika verübten Taten zudem viele Jahre bis Jahrzehnte zurücklägen, sei es “praktisch ausgeschlossen, heute noch Betroffene in Afrika ausfindig zu machen”, so die Ermittler. “In weiteren Recherchen sehen wir deshalb keinen Sinn.”
Brauer und Hromada hatten bereits in einem früheren Bericht darauf hingewiesen, “dass Homophobie in der weit überwiegenden Zahl der Staaten Afrikas allgemeiner gesellschaftlicher Konsens ist und Homosexualität verbreitet mit nicht selten drakonischen Strafen bedroht wird”.
Dass es schwierig werden könnte, Personen zu finden, die bereit sind, über von ihnen erduldete sexuell motivierte Übergriffe zu berichten, habe sich nun “leider bestätigt”. Da die Betroffenen neben dem erlittenen Unrecht im schlimmsten Fall strafrechtliche Verfolgung befürchten müssten, zumindest aber ihre gesellschaftliche Ächtung, schließe sich eine “offensive Suche” aus – und zwar zu ihrem Schutz.
Dillinger starb im Alter von 87 Jahren. Er war Priester in Kirchengemeinden im Saarland und in Rheinland-Pfalz. Im Dezember 2024 hatten die von der Kommission zur Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch im Bistum Trier (UAK) beauftragten Sonderermittler ihren dritten Zwischenbericht vorgelegt. Darin hieß es, Dillinger habe zwischen 1961 und 2018 mindestens 20 Personen in verschiedenen Schweregraden sexuell missbraucht.
Auch habe er eine “nicht annähernd zu beziffernde” Anzahl an überwiegend männlichen Opfern in sexualisierten Posen fotografiert, unsittlich berührt oder dies zumindest versucht. Der Fall war publik geworden, nachdem ein Neffe des im November 2022 gestorbenen Priesters in dessen Haus im saarländischen Friedrichsthal mehrere tausend Fotos und Dias gefunden hatte.
Mit “großer Verärgerung” hatten die Sonderermittler bereits kritisiert, dass “die saarländischen Ermittlungsbehörden” mit wesentlichen Beweismitteln verantwortungslos umgegangen seien “und sie nahezu vollständig vernichtet haben, bevor eine Einsichtnahme erfolgen konnte”. Wörtlich schrieben Brauer und Hromada: “Als größtes Hemmnis unserer Arbeit stellte sich aber die Vernichtung der von Dillinger tagebuchartig geführten Kalender und Tausender Lichtbilder durch die saarländischen Ermittlungsbehörden heraus.”